Brücken mit Öffnungszeiten

Über weite Strecken führt der Radweg am rechten Elbufer von der Mündung bei Friedrichskoog bis nach Hamburg über den Elbdeich. Unterbrochen wird dieser nur sporadisch. Etwa in Brunsbüttel wo der Nord-Ostsee-Kanal beginnt. Diesen überqueren wir mit einer kleinen Fähre. Die Fähre ist für Fussgänger:innen und Velofahrer:innen kostenlos.

Beim Störsperrwerk warten wir kurz. Die Bundesstrasse führt hier über eine Klappbrücke. Diese ist gerade aufgeklappt und ein kleines Segelschiff fährt durch die Öffnung in Richtung Elbe.

Ein paar Kilometer südlich von Glückstadt realisieren wir, dass unsere Routenplanung für die zweitletzte Etappe von Brunsbüttel nach Rissen etwas gewagt war. Die Sperrwerke Krückau und Pinnau sind nur im Sommer und nur zu gewissen Zeiten offen. Wer ausserhalb der Öffnungszeiten unterwegs ist muss einen langen Umweg via Elmshorn in Kauf nehmen. Wir haben Glück und können beide Brücken ohne Wartezeit passieren.

Landschaftlich ändert sich wenig: Wiesen, Acker, Schafe, manchmal Kühe, Deich, Dörfer und Kleinstädte. Der Radweg führt meist hinter dem Deich entlang, was den Blick auf die grossen Containerschiffe von und zum Hafen Hamburg verhindert. Die Tore zwischen den Weiden werden dafür seltener, je näher wir Hamburg kommen.

Bevor wir im Nachtzug nach Hause rauschen machen wir noch ein bisschen Strandferien. Wir haben nämlich einen vielversprechenden Campingplatz im Westen von Hamburg ausgemacht. Auf dem ElbeCamp steht den Zelten ein eigener grosser Bereich zur Verfügung. Den müssen wir nicht wie so oft mit Campervans und VW Bössli teilen. Die kämen hier allerdings auch nicht vom Fleck. Es stellt uns schon vor einige Schwierigkeiten die beladenen Räder durch den Sand zu unserem Traumplätzli zu schieben. Zu zweit klappts einigermassen.

Unser Campinggas ist beim Kaffeekochen am Morgen in Brunsbüttel ausgegangen. Leider noch bevor der Kaffee fertig war. Wir verzichten auf den Kauf einer neuen Kartusch, denn im ElbeCamp können wir uns gut und günstig im Café Lüküs verköstigen. Und hier gibt es auch Nahrung für unsere elektronischen Geräte. Beim ausgedehnten Frühstück und Kaffee trinken am Donnerstag fühlen wir uns ein bisschen wie digital nomads. Wenn wir den Blick von unseren Laptops heben, sehen wir auf den Strand, die Elbe und die Containerschiffe. Die Containerschiffe wecken immer wieder unser Interesse und wir beginnen über eine Webseite zu tracken, welche Schiffe die Elbe passieren.

Es ist nochmal richtig Sommer, aber die Elbe ist leider nicht sehr einladend zum Baden. Bei Ebbe ist das Wasser weit weg vom Strand, es ist Vorsicht geboten mit den vielen Schiffen und scheinbar ist auch die Wasserqualität nicht die Beste (das Gesundheitsamt rät vom Baden in der Elbe ab). Es ist dennoch ein wunderschöner Ort zum Verweilen.

Beim Abendessen treffen wir auf ein pensioniertes Paar aus Melbourne. Lorenz bemerkt, dass sich die beiden mit der deutschen Menukarte schwer tun und wir übersetzen. Die Aussies sind auch mit dem Rad unterwegs. Sie sind in Tromsø gestartet und werden von Hamburg den langen Heimweg antreten. Wir verbringen einen gemütlichen Abend und tauschen Erfahrungen aus. Die beiden sind tatsächlich erst vor kurzem durch die Nullabor Plain geradelt, mit Ü70! Über 1000 Kilometer Niemandsland und nur vereinzelt Raststätten und kleine Siedlungen.

Am Freitag verlassen wir gegen Mittag das ElbeCamp in Richtung Hamburg. Am Bahnhof Altona verstauen wir unser Gepäck und überlegen uns, was wir in den Stunden bis zur Abfahrt des Nachtzugs machen könnten. Das schöne, heisse Wetter lockt viele Tourist:nnen an und auf die Elbe. Auf den Booten für die Hafenrundfahrt stehen die Menschen Schulter an Schulter. Auf das haben wir keine Lust und für einen Stadtrundgang ist es zu heiss. Dafür gibt es im Miniatur Wunderland für einmal keine Wartezeiten und so verbringen wir einen langen Nachmittag in den kühlen Räumen der längsten Modelleisenbahn der Welt.

Nach einem leckeren vietnamesischen Znacht wird es nochmals etwas hektisch. In nur zehn Minuten müssen wir zwei Fahrräder und 10 Taschen in zwei unterschiedlichen Waggons unterbringen. Schliesslich sind alle Taschen in der munzigen Kabine verstaut und die Räder weit vorne an der Zugspitze an ihrem reservierten Platz. Der Zug hat Altona schon lange verlassen, als Lorenz auch endlich die Kabine erreicht.

Wir leeren den Flachmann und freuen uns auf den Aareschwumm am Samstagnachtmittag, denn schönes Sommerwetter scheint uns auch in der Schweiz zu erwarten.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Brunsbüttel - Hamburg
6. September 2023 Brunsbüttel - Rissen 70.31 km 65 m
8. September 2023 Rissen - Hamburg-Altona 11.98 km 34 m
Total 82.29 km 99 m

Der Weg der tausend Tore

Wir verlassen Ribe in Richtung Küste. Die nächsten Tage werden wir entlang des Nationalparks Wattenmeer südwärts nach Schleswig-Holstein radeln.

Um etwas mehr über die Region zu erfahren, besuchen wir ca. 10 Kilometer ausserhalb von Ribe des Vadehavs Centret. Die Ausstellung ist sehr interaktiv und gut gestaltet. Leider können wir uns nicht alle Vogelarten merken. Aber den Löffler kennen wir ab nun an immer. Ausserdem sind wir genau zu der Zeit unterwegs wo sich die Stare in riesigen Schwärmen sammeln. In diesen Tagen beobachten wir immer wieder schwarze Wolken über den Himmel jagen, deren Form sich unvermittelt verändert (siehe auch den Wikipedia Eintrag zu Sort Sol). Manchmal sind wir den Vogelschärmen so nah, dass wir das Rauschen von vielen tausend Federn hören.

Nur wenige Kilometer nach dem Vadehavs Centret sind wir auch schon am Wattenmeer.

Wir radeln hinter, auf und vor dem Deich. Das Wetter ist warm, schon fast heiss.

Gegen Abend erreichen wir kurz vor Højer den Vadehavs Camping, unser erster self check-in Campingplatz. Die Bestellung der Brötchen für das Frühstück können wir zum Glück einfach auf einer Papierliste eintragen. Der Campingplatz liegt direkt am Meer. Die Sonne sehen wir direkt im Meer versinken. Kurz danach geht der rote Vollmond über Højer auf.

Das self check-out am nächsten Morgen ist nicht ganz so schnell. Einige vor uns bekunden sichtlich Mühe mit dem Automaten. Die Platzwartin muss mithelfen, was wohl nicht Sinn und Zweck des Automaten ist. Wir duschten so schnell, dass wir wieder Geld zurück gebucht bekommen. Es ist auf dänischen und teilweise auch deutschen Campingplätzen üblich, dass fürs Duschen entweder Münzen oder Wertmarken benötigen werden.

In der kleinen Ortschaft Højer verprassen wir unsere letzten Kronen. Wir stocken unsere Vorräte auf und kaufen in der Bäckerei lecker Brot und Kanelsnurrer.

Dann (ver)fahren wir uns auch schon über die Grenze. Der Wechsel auf die deutsche Ausschilderung der Radwege fällt uns schwer. In Dänemark stand unter den Schildern immer, welche Route abzweigt und welche z. B. gerade aus weiterführt. In Deutschland müssen wir nun wieder die nächste Ortschaft wissen, die wir anfahren möchten, d. h. wir müssen wissen, wo wir genau lang fahren wollen. Heute wollen wir bis nach Nordstrand und das finden wir dann auch.

Die Deiche in Deutschland werden von Schafherden bevölkert. Das ist zweckmässig, da somit das Mähen entfällt. Leider zwingen uns die Weidezäune immer wieder vom Rad zu steigen, Tore zu öffnen und wieder zu schliessen.

Das Wetter ist schön und es wird von Tag zu Tag heisser. Auf dem Weg in den Touri-Ort St. Peter Ording macht uns für einmal auch der Gegenwind zu schaffen. Die ersten Campingplätze im Ort gefallen uns nicht. Auf dem Rosen-Camp Kniese fühlen wir uns willkommen und zelten für nur 14 Euro. Unsere Zeltnachbarn sind Kitesurfer und fanden den heutigen Wind eher flau. Wir hingegen sind k.o. Fürs Abendessen fahren wir nach St. Peter Dorf, denn kochen mögen wir auch nicht mehr. Lorenz hat sich beim Platzwart nach einem regionalen Restaurant ohne Kleidervorschrift erkundigt, wo wir den lauen Sommerabend geniessen.

Am nächsten Tag fahren wir mit viel Rückenwind nach Büsum. Hier können wir im kleinen Bioladen auch wieder in kleinen Mengen Gemüse und Früchte kaufen, bevor wir weiter nach Friedrichskoog Spitze radeln.

Der Camping in Friedrichskoog Spitze ist alles andere als Spitze. Das Wirtschaftsgebäude wurde wohl seit den 1960er Jahren nie mehr erneuert. Warmwasser zum Abwaschen gibt es nur, wenn man eine 5 Cent Münze hat (was wir nicht haben) und Klopapier wurde ganz weg rationiert. Zum Glück haben wir immer eine Klopapierrolle im Gepäck. Die Abendstimmung versöhnt uns dann wieder etwas mit dem Ort, obwohl die Mücken uns mehr oder weniger über den Deich in die nächste Kneipe jagen.

Tags darauf machen wir schon kurz nach dem Start den ersten Halt und besuchen die Seehundestation in Friedrichskoog. Die Station ist Herberge für Seehunde und Kegelrobben, die nicht mehr ausgewildert werden können. Jeden Sommer päppeln die Mitarbeiter:innen der Seehundestation aber auch Heuler auf, die aus verschiedensten Gründen während der Stillzeit von ihren Müttern getrennt wurden. Hier werden sie gefüttert, medizinische versorgt und für die Auswilderung vorbereitet. Dies geschieht nicht aus Artenschutzgründen sondern rein aus Tierschutzgründen, denn die Population ist in der Nordsee derzeit nicht bedroht. Damit die Auswilderung gelingt, dürfen Besucher:innen auch nur von weitem in den Bereich hineingucken. Der Kontakt mit Menschen wird auf das Wesentliche begrenzt. Die Ausstellung zu den Seehunden und Kegelrobben ist sehr gut. Wir verweilen entsprechend lange, entscheiden uns aber kurz vor der nächsten Fütterungszeit zu verschwinden und grösseren Menschenansammlungen zu entgehen.

Kurz vor Brunsbüttel erreichen wir die Elbmündung und auch schon bald unseren Campingplatz am Elbdeich. Es ist wieder ein self check-in Campingplatz, der Automat nimmt aber sogar Bargeld und es hat Klopapier und warmes Wasser für den Abwasch.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Ribe - Brunsbüttel
1. September 2023 Ribe - Højer 48.86 km 44 m
2. September 2023 Højer - Nordstrand 76.07 km 15 m
3. September 2023 Nordstrand - Sankt Peter-Ording 81.32 km 35 m
4. September 2023 Sankt Peter-Ording - Friedrichskoog 64.84 km 16 m
5. September 2023 Friedrichskoog - Brunsbüttel 28.70 km 1 m
Total 299.79 km 112 m