Südböhmen

Im Gegensatz zu Dresden versuchen wir in Prag die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu besichtigen. Aber schon ein Blick über die berühmte Karlsbrücke genügt uns. Es hat einfach zu viele Touristen. Bei stahlblauem Himmel haben wir auch keine Lust auf Museum und so verbringen wir den Tag in weniger stark frequentierten Quartieren. Auch so sehen wir viel von der Stadt und finden sogar einen Aussichtspunkt, der fast nur von Pragern besucht wird.

Der Elberadweg nördlich von Prag ist sehr gut ausgebaut. An schönen Sommerwochenenden stehen sogar an jeder Ecke improvisierte Biergärten, wo die zahlreichen Gäste auf Rädern, Trotties und Inline-Skates verköstigt werden. Ganz anders der Moldauradweg südlich der Stadt. Wir folgen dem GPS-Track der offiziellen tschechischen EuroVelo Website. Dieser führt uns zwischen Vrané nad Vltavou und Štěchovice allerdings derart ins Kraut (bzw. auf steile Waldwege und Kopfsteinpflaster der ganz groben Sorte), dass wir am Mittag des ersten Tages völlig entkräftet wieder auf manuelle Navigation umstellen.

Bei der Routenwahl beachten wir nicht zuletzt die Topografie. Die Moldau zieht in einer tiefen Schlucht ihre Schleifen, links und rechts davon erstreckt sich ein weites hügeliges Plateau (Hallo Jura). Wir wählen unsere Route so, dass wir den Fluss nicht allzu oft kreuzen. Das bedeutet zwar jedes Mal eine rassige Abfahrt, aber eben auch ein saftiger Anstieg auf der anderen Seite. Auf diese Weise fahren wir mit vernünftigem Kraftaufwand bis nach Hluboká nad Vltavou mit Übernachtungen in Zrůbek und Týn nad Vltavou.

Hier treffen wir wieder auf Touristen. Erst daran merken wir, dass das Schloss Hluboká ein beliebtes Ausflugsziel ist. Ein Vorteil hat es, dass die Region um České Budějovice (ja, auch da wird Bier gebraut) viele Reisende anzieht. Die Radwege sind wieder gut ausgebaut und einwandfrei ausgeschildert.

Ein letztes mal schlafen wir in Český Krumlov im Zelt. Am nächsten Tag erklimmen wir die vielen steilen Veloweg-Höhenmeter nach Vyšší Brod. Auf dem ersten Teil kommen uns dauernd röhrende Oldtimer entgegen. Wo veranstaltet man am besten eine Hobby-Rallye damit man den Strassenverkehr nicht zu stark beeinträchtigt? Natürlich auf dem Radweg, wo denn sonst! Später ist die Luft zwar frei von stinkenden Abgasen, dafür aber voll von Regentropfen. Klitschnass checken wir ins Hotel ein. Das Zelt ist immer noch nass von der Nacht zuvor und wir haben keine Lust mehr es aufzustellen.

Unsere Zeit in Tschechien endet wie sie begonnen hat – mit einem Fest. Es ist wieder Samstag und heute wird nicht Hochzeit sondern Geburtstag gefeiert im Säli, und zwar richtig. Mit Gesang und Tanz dass im Hotel-Restaurant die Gläser klingeln.

Der Sonntagmorgen begrüsst uns mit herbstlichem Nebel. Doch schon an der Grenze zu Österreich zeigen sich die ersten Sonnenstrahlen. Durch die hügelige Landschaft, die ans Emmental erinnert, fahren wir in Richtung Linz. Vor der letzten Abfahrt dieser Reise essen wir noch die süsse Wegzerrung, die Lorenz mit unseren letzten Kronen in der Cukrárna in Vyšší Brod gekauft hat. Dann gehts rasant hinab ans Ufer der Donau.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Südöhmen
4. September 2019 Prag - Zrůbek 69.62 km 961 m
5. September 2019 Zrůbek - Týn nad Vltavou 67.84 km 793 m
6. September 2019 Týn nad Vltavou - Český Krumlov 63.97 km 536 m
7. September 2019 Český Krumlov - Vyšší Brod 34.32 km 748 m
8. September 2019 Vyšší Brod - Linz 45.49 km 537 m
Total 281.24 km 3575 m

Von Dresden nach Prag

In Dresden lassen wir die üblichen Sehenswürdigkeiten aus und geniessen die Zeit im Stadtteil Neustadt. Das alternative Quartier ist aus baulicher Sicht die Altstadt von Dresden. Die ursprüngliche Altstadt von Dresden wurde 1945 fast vollständig zerstört, weshalb die meisten Bauten im Zentrum aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stammen.

In der Neustadt finden wir alles was wir brauchen: gute Cafés, feines Essen, gemütliche Kneipen und sogar ein Arthouse Kino. So kommt es dann auch, dass wir in zwei Tagen gleich zweimal ins Kino gehen.

Die Fahrt aus der Stadt heraus ist weniger spektakulär als die Fahrt in die Stadt hinein. Nach wenigen Metern auf Scherben übersäten Strassen (Freitagabend war so einiges los) sind wir am Elbeufer auf dem Radweg Richtung Prag. Dieser führt uns zunächst durch die sächsische Schweiz und von dort über die Grenze nach Tschechien.

Die erste auffällige Neuerung nach der Grenze sind die Wegweiser. In Deutschland haben wir Mühe die grünen Zeichen auf weissem Grund zu entziffern – ausser wir stehen direkt unter dem Schild. Zudem ist in Deutschland meist nur die Richtung zum nächstgelegenen Ort angeschrieben, eine Richtungsangabe zu den regionalen Zentren fehlt meist. Das ist für ortsunkundige nicht gerade hilfreich. Die Tschechen hingegen machen da wirklich alles richtig. Schwarze Schrift auf gelbem Grund plus Routennummer plus Eurovelo Signet bzw. Elberadweg Emblem, da ist es wirklich schwierig vom Weg abzukommen. Nur manchmal führen die Radwege halt über Treppen – aber auch das ist sauber ausgeschildert.

Die erste Nacht verbringen wir auf dem Camping in Nebočady. Im zugehörigen Hotel hat sich eine Hochzeitsgesellschaft einquartiert. So erleben wir hautnah wie die Tschechen ihre Feste feiern. Ganz anders eine Nacht später auf dem Autokemp in Mělník; Die einzige Musik, die wir hören sind die Tropfen auf dem Zeltdach. Aber keine Party ist laut genug um uns vom schlafen abzuhalten und der Regen hat kaum gereicht um unser Zelt zu netzen.

Drei Tage nach Abfahrt in Dresden verlassen wir die Elbe und fahren der Moldau entlang nach Prag hinein.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Prag
31. August 2019 Dresden - Nebočady 73.67 km 355 m
1. September 2019 Nebočady - Mělník 89.98 km 287 m
2. September 2019 Mělník - Prag 62.39 km 377 m
Total 226.04 km 1019 m

Von der alten Ziegelei in die Neustadt

Zum ersten Mal reisen wir ohne gedruckte Strassenkarte. Wir verlassen uns sowohl beim Planen der Routen als auch während der Fahrt auf unsere Smartphones. Bei Eliane läuft OsmAnd (das gibts sogar im F-Droid Store), bei Lorenz Maps.me. Die Etappen-Planung auf dem Smartphone ist allerdings mühsam. Der Bildschirm ist einfach zu klein. Es ist kaum möglich eine ganze Region zu überblicken, ohne dass gleichzeitig wichtige Informationen wie Radwege, Seen und Berge verschwinden.

Wir fahren die Strecke zwischen Mildenberg und Dresden in 5 Tagen. Während den ersten drei improvisieren wir oft mit unserer Route. Wir haben den Plan gefasst Berlin östlich zu umfahren um dann im Spreewald auf die von der adfc vorgeschlagene Route zu stossen. Die Routen, die unsere Apps berechnen führen allerdings allzu oft über untaugliche Strassen (Waldwege, Kopfsteinpflaster, Sand, …) obwohl die Radwege eigentlich in den Kartendaten vorhanden sind (in OsmAnd gibts sogar eine Option um die Velowege hervorzuheben). In Brandenburg finden sich an jeder Ecke Tafeln mit Radweg-Karten, meist da wo sich die Routen kreuzen. Damit überprüfen wir die Streckenvorschläge der Apps.

Zwischendurch fragen wir uns ob wir andere Strecken fahren würden, wenn wir mit einer guten alten Papierkarte geplant hätten. Wir haben bei unserer Reise durch Brandenburg ein paar hübsche Flecken entdeckt, auf Plätzen campiert wo kaum ein anderes Zelt stand und sind kilometerweise durch Wälder und an Kanälen entlang geradelt. Mit einer Papierkarte würden wir möglicherweise eher den Hauptverkehrsachsen folgen.

Schlussendlich finden wir den Weg nach Dresden. Der Weg in die Stadt hält auch noch eine Überraschung bereit. Der Radweg führt durch ein steiles Tobel runter in ein schattiges Tal. Dort folgend wir dem kleinen Flüsschen fast bis vor die Tür unseres Hostels. Und dieses befindet sich mitten in der Stadt (bzw. in Dresden Neustadt). Diese Stadteinfahrt ist wohl auch einzigartig.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Dresden
25. August 2019 Mildenberg - Tiefental 71.84 km 182 m
26. August 2019 Tiefental - Forsthaus 72.64 km 256 m
27. August 2019 Forsthaus - Spreewald 68.52 km 155 m
28. August 2019 Spreewald - Ortrand 85.88 km 264 m
29. August 2019 Ortrand - Dresden 49.78 km 234 m
Total 348.66 km 1090 m

Die ersten 160 Kilometer

Nach gut zwei Jahren sind wir endlich wieder für eine längere Zeit mit dem Velo unterwegs. Diesmal haben wir uns das ganze Drumherum mit Flugreise, Gepäckaufgabe, Gewicht kontrollieren, Benzinkocher verstecken und Räder auseinanderschrauben gespart. Entspannt fahren wir mit dem Nachtzug von Basel nach Hamburg. In Basel trägt uns unser Steward sämtliche Seesäcke und Packtaschen ins Abteil während wir ohne Stress die Velos an ihren Bestimmungsort bringen können. Am nächsten Morgen in Hamburg trägt Eliane keine einzige Tasche bis zur Tür, das erledigt alles der nette Herr der ÖBB. Auch bei Lorenz klappt alles wie am Schnürchen. Die Radreisenden helfen sich gegenseitig beim entladen der Räder.

Einen schlechten Kaffee später und noch eine kurze Zugreise nach Wittenberge und wir sind bereit zum los radeln. Der Himmel ist stahlblau, die Lufttemperatur liegt so bei 30° Celsius – ein perfekter Start.

Die erste Etappe führt uns durch kleine Ortschaften, Wiesen und Wälder an den Dranser See. Etwas ungewohnt sind die vielen Radwege. Von unseren vergangenen Reisen sind wir uns gewohnt zusammen mit schweren Lastwagen und vielen Autos auf Hauptverkehrsachsen unterwegs zu sein. Sehr entspannt sind nun die getrennt geführten Radwege neben grösseren Strassen oder die wenig befahrenen Landstrassen von Brandenburg.

Bereits in Rosenhagen lernen wir aber einen ganz anderer Strassentyp kennen: das Kopfsteinpflaster! In vielen Dörfern in Brandenburg sind die Strassen noch aus Kopfsteinpflaster. Manche alte Landstrassen durch die Wälder sind sogar noch teilweise gepflastert. Mit dem Velo ist Kopfsteinpflaster leider nicht ein allzu grosser Fahrspass. Aber auch die Fahrt über Waldwege erfordert einiges Geschick mit dem ganzen Gepäck.

Nach einem kurzen Halt auf dem Markt in Wittstock/Dosse sind dann nur noch wenige Kilometer bis zum Etappenziel zu radeln. Mit 80 Kilometer in den Beinen erreichen wir am frühen Abend den Naturcamping Blanschen am Dranser See. Ein schöner Ort mitten im Wald mit einem kristallklaren See. Die Lufttemperatur ist mittlerweile in etwa so wie die Wassertemperatur um ca. 20° Celsius. Trotzdem wagt sich Eliane ins Wasser, auch wenn sie sich anschliessend im Schlafsack aufwärmen muss.

Am nächsten Tag gibt es in Rheinsberg das zweite Frühstück zur Mittagszeit. Wir finden einen kleinen Laden mit guten Kaffee und feinen Kuchen. Ansonsten führt uns unser Weg wieder durch kleine Dörfer mit Backstein- und Fachwerkhäusern, über Felder, Wiesen und Kopfsteinpflaster.

Am frühen Abend erreichen wir den Ziegeleipark in Mildenberg und fallen durch ein Dimensionsloch in ein anderes Universium.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Mildenberg
20. August 2019 Wittenberge - Schweinrich 75.98 km 258 m
21. August 2019 Schweinrich - Mildenberg 76.85 km 284 m
Total 152.83 km 542 m