Sonne, Regen und Hagel

Eine Wetterwarnung über Sturmböen von mehr als 100 km/h und heftigem Regen lässt uns noch einen Tag länger in Christchurch bleiben. Wind, Regen und Hagel treffen zwar erst am Abend ein, für uns ist es aber eine gute Entschuldigung nochmals zu Faulenzen. Dank dem Extratag können wir im C1 Espresso die Rohrpost-Burger ausprobieren. Das System ist simpel: Man baue eine Rohrpost durchs Café und für ca. jeden dritten Tisch eine Zustellstation. An der Theke wird bestellt und die Lieferung kommt anschliessend mit Namen adressiert zu der nächst möglichen Zustellstation von deinem Tisch. Beim Eintreffen der Rohrpost klingelts und dann muss man nur noch die Lieferung aus dem Rohr herausgrübeln. Statt einem grossen Burger hat es in der Rohrpost dann drei kleine. Dazu gibt’s gekringelte Pommes.

Am 20. Januar geht’s dann endlich los. Die erste Etappe führt uns von Christchurch nach Rakaia. Das Wetter ist sonnig warm und wir kommen gut voran.  Die Zufahrt zum Dorf Rakaia führt über den gleichnamigen Fluss. Die Brücke dazu ist mit 1757 Metern die längste von Neuseeland.

Der Tag darauf soll gemäss Wetterbericht der beste des Wochenendes sein. Der erste Blick aus dem Zelt zeigt aber einen wolkenverhangenen Himmel. Ein erneuter Wettercheck kündigt Regen am Nachmittag an. Also nichts wie los. Die 90 Kilometer bis nach Geraldine schaffen wir in Rekordzeit. Es ist flach, wir haben Rückenwind und keinen Bock nass zu werden. Die Pausen sind entsprechend kurz und die Beine bei unserer Ankunft in Geraldine sehr müde, dafür trocken.

Trotz Konsultation des Regenradars und dem Herausfinden des trockensten Zeitfensters, ist der Sonntagmorgen einfach nur nass. Wir starten mit etwas Niesel, der dann sehr schnell in Regen übergeht. Dazu Wind und eine Kälte die in die Knochen geht. Wir fahren den neuseeländischen Alpen entgegen und dass sorgt für kräfteraubende Anstiege. An eine Essenspause denken wir gar nicht erst. Nur für’s Trinken und für einen kurzen Schwatz mit zwei anderen Veloreisenden halten wir an. Kurz vor Fairlie hört der Regen langsam auf. Wir sind froh hier ein Zimmer zu haben und geniessen den Rest des Nachmittags im Warmen und Trockenen.

Bis jetzt haben wir wohl Glück gehabt mit dem Wetter. In Christchurch war es meist warm und sonnig. Die Kiwis auf der Südinsel jammern über den nässesten und kältesten Sommer seit Jahren. In Queenstown hat es sogar geschneit. Richtiges Aprilwetter.  Wir hoffen, dass das nicht so bleibt…

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Christchurch - Fairlie
20. Januar 2017 Christchurch - Rakaia 66.23 km 125 m
21. Januar 2017 Rakaia - Geraldine 89.19 km 204 m
22. Januar 2017 Geraldine - Fairlie 45.78 km 529 m
Total 201.19 km 858 m

Restart in Christchurch

Nach einem weiteren Zeitzonenwechsel (in Australien hatten wir deren drei) sind wir am 16. Januar in Neuseeland angekommen.

Bei der Einreise wird unser Zelt gründlich auf giftige Tiere und Dreck überprüft. Mit dem Label „Officially opend by Ministry for Primary Industries“ darf es die Grenze zusammen mit uns passieren.

Zwei ganze Tage fahren und spazieren wir durch die Strassen von Christchurch. Die zwei starken Erdbeben von 2010 und 2011 sind noch immer allgegenwärtig. Die Strassen sind uneben, ganze Gebäude fehlen oder sind wegen Einsturzgefahr gesperrt. Überall Baukräne, Abriss und Wiederaufbau. Einen Teil der Geschäfte im Stadtzentrum hat man in Containern untergebracht. Das Ganze wirkt jedoch alles andere als Trist. Auf den leeren Brachen gibt es Foodtrucks und Streetart. Die Plätze werden mit Pingpong-Tischen und Container-Cafés belebt. ReSTART nennt sich das. Und das gilt nun auch für uns: Neustart auf dem Velo in Neuseeland.

Bye, bye Australia

In den vergangenen drei Wochen konnten wir uns von den vielen Velokilometern erholen. Zusammen mit Manu und Nils haben wir Victoria und South Australia bereist. Der Besuch von Kangaroo Island gehört sicher zu den Highlights unseres Australien-Trips.

Nun heisst es Abschied nehmen. Ein Wiedersehen ist nicht ausgeschlossen. Auf unserer Reisewunschliste stehen noch der Norden von Westaustralien von Exmouth bis Broome, Karijini National Park, die Kimberleys, Kakadu National Park und das Red Centre.

Was werden wir vermissen? Die Weite, der rote Sand, die bunte, vielfältige Tierwelt und Sea Salt Caramel Lindorkugeln. Was werden wir nicht vermissen? Vegemite!

Die letzten Tage verbringen wir bei Shane und Bec in Geelong. Dank den beiden wissen wir jetzt auch, was Eliane in Port Campbell nicht schlafen lassen hat. Die am Tag so verschlafenen, herzigen Koalas werden in der Nacht zu grunzenden Monstern. Natürlich darf ein Besuch in der Little Creatures Brewery nicht fehlen. Die haben von ein paar Jahren in Geelong eine Brauerei in einem alten Backsteingebäude eröffnet, um die Ostküste besser mit ihrem Bier zu versorgen.

Unsere nächste Destination – Christchurch, Neuseeland. Wir freuen uns darauf schon bald wieder im Sattel zu sitzen.

Grampians und Great Ocean Road

Mit dem Auto brauchen wir nicht viel mehr als einen Tag und schon sind wir wieder zurück in Victoria. Zum Glück hat sowohl die Holzofenbäckerei in Dunkeld wie auch der General Store in Halls Gap am Sonntag offen. Die Fahrt hierhin gibt uns schon einen Vorgeschmack auf das was uns im Grampians National Park erwartet. Die kurvenreiche Strasse führt durch bewaldete Hügel über rauschende Bäche und an lauschigen Campsites vorbei.

Wir schlagen unsere Zelte auf dem Plantation Campground auf. Hier bleiben wir zwei Nächte. Dazwischen erkunden wir den Nationalpark und statten dem Brambuk Cultural Center einen Besuch ab. Die Ausstellung ist sehr informativ aber etwas angestaubt.

Auf dem Weg an die Küste taucht vor uns plötzlich ein uns wohlbekannter Windsack auf der Strasse auf: der farbige Papagei, der über Irènes Liegevelo flattert! Wir können es kaum glauben, dass wir die beiden Franzosen (pardon, les deux bretons), die wir in Westaustralien kennengelernt haben, wieder treffen. Wir schwatzen ein bisschen am Strassenrand und fahren dann weiter. Am Abend laufen wir uns auf dem Camping in Port Campbell erneut über den Weg! On fait la conversation bis weit in die Nacht hinein bis wir müde in unsere Schlafsäcke kriechen. Eliane drückt trotzdem kaum ein Auge zu. Was da wohl ums Zelt schleicht und so merkwürdig grunzt?

Die restlichen Tage mit Manu und Nils verbringen wir entlang der Great Ocean Road. Die Landschaft hier ist äusserst spektakulär. Sowohl die Küste, wo grosse Wellen an die wilden Klippen donnern (London Bridge, Loch Ard Gorge, Twelve Apostles) wie auch der Regenwald im Landesinneren (Great Otway National Park) wo uns die Farne über die Köpfe wachsen.

Eine Woche nachdem wir Kangaroo Island verlassen haben erreichen wir Geelong. Manu und Nils fahren zügig weiter Richtung Queensland und wir legen ein paar Ruhetage ein.

Frech, frecher, Opossum

Seit dem 3. Januar reisen wir zu viert. Unser nächstes Ziel ist Kangaroo Island. Wir verlassen das Festland mit der Fähre um 6 Uhr früh am folgenden Tag. Der erste Kontakt mit der Tierwelt hat Eliane bereits am Hafen. Eine ziemlich grosse Spinne krabbelt hinter dem Rückspiegel hervor, wahrscheinlich eine Huntsman Spider. Sie weilt für eine kurze Zeit an der Frontscheibe, um anschliessend wieder hinter dem Rückspiegel zu verschwinden. Wir wissen nicht wie lange das Tier bereits dort wohnt und wir wollen es auch nicht so genau wissen.

Auf dem Weg zu unserem Zeltplatz im Flinders Chase National Park machen wir Halt in der Seal Bay. Wir können uns nicht satt sehen an den australischen Seelöwen, die sich am Strand von der Jagd erholen. Die Fotos zu sortieren wird eine Ewigkeit dauern. Am Abend beobachten wir auch noch neuseeländische Seebären beim Admirals Arch.

Kangaroo Island wird als eine Art Arche Noah genutzt. Weil die Zahl der Schnabeltiere (Platypus) auf dem Festland stetig zurück ging, begann man die eierlegenden Säugetiere auf der Insel anzusiedeln. Ein weiteres Beispiel sind die ligurische Bienen, die hier eine neue Heimat fernab von Italien gefunden haben. In Europa sind diese entweder ausgestorben oder haben sich mit anderen Bienenarten gekreuzt. Um die Art zu schützen, sind jegliche Bienenprodukte auf der Insel verboten. Legendär ist das Honig-Glacé von Cliffords Honey Farm, das wir natürlich auch ausprobieren mussten. Australien hat übrigens auch eine endemische Bienenart. Diese kommt ausschliesslich auf dem Festland vor und hat keinen Stachel.

Vom Schnabeltier sehen wir leider nur Luftblasen im Wasser. Die Tiere sind scheu und verstecken sich sobald jemand in ihre Nähe kommt. Dafür beobachten wir Koalas, Kängurus, Wallabys und Opossums. Unser Highlight ist die Sichtung von zwei Echidnas. Diese stacheligen Ameisenigel sind ebenfalls sehr schwer zu finden und wir haben das Glück ihren Weg bei Dämmerung zu kreuzen.

Zum Schutz der Tiere und des eigenen Fahrzeugs sollte man auf australischen Strassen nach Einbruch der Dunkelheit wenn möglich nicht mehr unterwegs sein. Auf den Sonnenuntergang bei den Remarkable Rocks möchten wir dennoch nicht verzichten, weshalb wir es trotzdem wagen. Die Abendstimmung ist wunderschön und wir geniessen die letzten Sonnenstrahlen mit nur wenigen anderen Touristen. Auf der Rückfahrt bleiben Auto, Insassen und Tierwelt heil. Sie wird uns allen trotzdem in Erinnerung bleiben. Wir sehen überall leuchtende Augen am Strassenrand und müssen alle paar Meter anhalten und mit der schwachen Hupe des Toyota Corolla die Opossums, Wallabys und Kängurus von der Strasse vertreiben.

Zurück auf dem Zeltplatz wimmelt es nur so von Wallabys und Opossums. Vielleicht ist es der laue Sommerabend? In der Nacht reisst uns ein Geräusch aus dem Schlaf. Ein Opossum verwechselt unser grünes Zelt mit einem Busch und klettert tatsächlich an der Zeltstange neben dem Eingang hoch um anschliessend über das Vorzelt runter zu rutschen. Alles nur geträumt? Leider nein. Am nächsten Morgen sehen wir nebst der Pfotenabdrücke auch zwei kleine Löcher, die das freche Fiech beim Hochklettern im Zeltstoff hinterlassen hat.