Von der alten Ziegelei in die Neustadt

Zum ersten Mal reisen wir ohne gedruckte Strassenkarte. Wir verlassen uns sowohl beim Planen der Routen als auch während der Fahrt auf unsere Smartphones. Bei Eliane läuft OsmAnd (das gibts sogar im F-Droid Store), bei Lorenz Maps.me. Die Etappen-Planung auf dem Smartphone ist allerdings mühsam. Der Bildschirm ist einfach zu klein. Es ist kaum möglich eine ganze Region zu überblicken, ohne dass gleichzeitig wichtige Informationen wie Radwege, Seen und Berge verschwinden.

Wir fahren die Strecke zwischen Mildenberg und Dresden in 5 Tagen. Während den ersten drei improvisieren wir oft mit unserer Route. Wir haben den Plan gefasst Berlin östlich zu umfahren um dann im Spreewald auf die von der adfc vorgeschlagene Route zu stossen. Die Routen, die unsere Apps berechnen führen allerdings allzu oft über untaugliche Strassen (Waldwege, Kopfsteinpflaster, Sand, …) obwohl die Radwege eigentlich in den Kartendaten vorhanden sind (in OsmAnd gibts sogar eine Option um die Velowege hervorzuheben). In Brandenburg finden sich an jeder Ecke Tafeln mit Radweg-Karten, meist da wo sich die Routen kreuzen. Damit überprüfen wir die Streckenvorschläge der Apps.

Zwischendurch fragen wir uns ob wir andere Strecken fahren würden, wenn wir mit einer guten alten Papierkarte geplant hätten. Wir haben bei unserer Reise durch Brandenburg ein paar hübsche Flecken entdeckt, auf Plätzen campiert wo kaum ein anderes Zelt stand und sind kilometerweise durch Wälder und an Kanälen entlang geradelt. Mit einer Papierkarte würden wir möglicherweise eher den Hauptverkehrsachsen folgen.

Schlussendlich finden wir den Weg nach Dresden. Der Weg in die Stadt hält auch noch eine Überraschung bereit. Der Radweg führt durch ein steiles Tobel runter in ein schattiges Tal. Dort folgend wir dem kleinen Flüsschen fast bis vor die Tür unseres Hostels. Und dieses befindet sich mitten in der Stadt (bzw. in Dresden Neustadt). Diese Stadteinfahrt ist wohl auch einzigartig.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Dresden
25. August 2019 Mildenberg - Tiefental 71.84 km 182 m
26. August 2019 Tiefental - Forsthaus 72.64 km 256 m
27. August 2019 Forsthaus - Spreewald 68.52 km 155 m
28. August 2019 Spreewald - Ortrand 85.88 km 264 m
29. August 2019 Ortrand - Dresden 49.78 km 234 m
Total 348.66 km 1090 m

Die ersten 160 Kilometer

Nach gut zwei Jahren sind wir endlich wieder für eine längere Zeit mit dem Velo unterwegs. Diesmal haben wir uns das ganze Drumherum mit Flugreise, Gepäckaufgabe, Gewicht kontrollieren, Benzinkocher verstecken und Räder auseinanderschrauben gespart. Entspannt fahren wir mit dem Nachtzug von Basel nach Hamburg. In Basel trägt uns unser Steward sämtliche Seesäcke und Packtaschen ins Abteil während wir ohne Stress die Velos an ihren Bestimmungsort bringen können. Am nächsten Morgen in Hamburg trägt Eliane keine einzige Tasche bis zur Tür, das erledigt alles der nette Herr der ÖBB. Auch bei Lorenz klappt alles wie am Schnürchen. Die Radreisenden helfen sich gegenseitig beim entladen der Räder.

Einen schlechten Kaffee später und noch eine kurze Zugreise nach Wittenberge und wir sind bereit zum los radeln. Der Himmel ist stahlblau, die Lufttemperatur liegt so bei 30° Celsius – ein perfekter Start.

Die erste Etappe führt uns durch kleine Ortschaften, Wiesen und Wälder an den Dranser See. Etwas ungewohnt sind die vielen Radwege. Von unseren vergangenen Reisen sind wir uns gewohnt zusammen mit schweren Lastwagen und vielen Autos auf Hauptverkehrsachsen unterwegs zu sein. Sehr entspannt sind nun die getrennt geführten Radwege neben grösseren Strassen oder die wenig befahrenen Landstrassen von Brandenburg.

Bereits in Rosenhagen lernen wir aber einen ganz anderer Strassentyp kennen: das Kopfsteinpflaster! In vielen Dörfern in Brandenburg sind die Strassen noch aus Kopfsteinpflaster. Manche alte Landstrassen durch die Wälder sind sogar noch teilweise gepflastert. Mit dem Velo ist Kopfsteinpflaster leider nicht ein allzu grosser Fahrspass. Aber auch die Fahrt über Waldwege erfordert einiges Geschick mit dem ganzen Gepäck.

Nach einem kurzen Halt auf dem Markt in Wittstock/Dosse sind dann nur noch wenige Kilometer bis zum Etappenziel zu radeln. Mit 80 Kilometer in den Beinen erreichen wir am frühen Abend den Naturcamping Blanschen am Dranser See. Ein schöner Ort mitten im Wald mit einem kristallklaren See. Die Lufttemperatur ist mittlerweile in etwa so wie die Wassertemperatur um ca. 20° Celsius. Trotzdem wagt sich Eliane ins Wasser, auch wenn sie sich anschliessend im Schlafsack aufwärmen muss.

Am nächsten Tag gibt es in Rheinsberg das zweite Frühstück zur Mittagszeit. Wir finden einen kleinen Laden mit guten Kaffee und feinen Kuchen. Ansonsten führt uns unser Weg wieder durch kleine Dörfer mit Backstein- und Fachwerkhäusern, über Felder, Wiesen und Kopfsteinpflaster.

Am frühen Abend erreichen wir den Ziegeleipark in Mildenberg und fallen durch ein Dimensionsloch in ein anderes Universium.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Mildenberg
20. August 2019 Wittenberge - Schweinrich 75.98 km 258 m
21. August 2019 Schweinrich - Mildenberg 76.85 km 284 m
Total 152.83 km 542 m

Stopover in Singapur

Wir haben es nicht so eilig mit dem Heimkommen. In Singapur haben wir fast 17 Stunden Aufenthalt. Ein solch langer Stopover bringt nicht nur günstigere Flugpreise mit sich. Für uns ist es eine willkommene Pause zwischen einem 10- und einem 12-Stundenflug (Neuseeland liegt wirklich am anderen Ende der Welt). Ausserdem bietet sich uns so die Gelegenheit, nochmals Wärme zu tanken und ein neues Land zu entdecken.

Wir landen frühmorgens um 6 Uhr Ortszeit und machen uns bald darauf ans Organisieren unseres Stadtbesuchs. Der Flughafen würde kostenlose geführte Touren direkt vom Terminal anbieten, mit dem Vorteil, dass man sich nicht um Visum etc. kümmern muss. Diese Dauern aber nur zwei Stunden und wir haben fast den ganzen Tag Zeit. Hinzu kommt, dass wir die Welt eigentlich lieber auf eigene Faust erkunden. Durch die belebten Gassen schlendern, die Atmosphäre in der Metropole auf uns einwirken lassen anstatt einfach nur von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten gefahren zu werden. Der Schweizer Pass ermöglicht es uns ohne langwierige Visumsverfahren für einen Tag Singapur einzureisen. Wieder einmal wird uns bewusst, welche Privilegien wir haben.

Kaum verlässt man die Metro, schlägt einem die feuchte Hitze entgegen. Dieser Effekt wird dadurch verstärkt, dass in sämtlichen Gebäuden und Transportmitteln die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen. Trotz dem tropischen Wetter spazieren wir durch die Gardens by the Bay, einem futuristisch anmutenden Stadtpark. Der Hunger führt uns später Richtung Chinatown, wo die Kontraste dieser Stadt nochmals deutlicher werden. Die alten Häuser der Kolonialzeit sind in Laufdistanz zu den modernen Wolkenkratzern. Hier die engen Strassen mit Restaurants und dort die Bürotürme wo die Mittagsgäste herkommen. Dazwischen ein Markt, ein Tempel und eine Explosion von Gerüchen. Unseren Hunger stillen wir schliesslich in einem indonesischen Restaurant.

Vom Strand in die Grossstadt

Unsere letzte Woche in Neuseeland beginnt mit einem milden Herbsttag. Das Meer ist immer noch schön warm und wir verbringen einige entspannte Stunden am Long Beach bei Russell. Aber schon am nächsten Tag fegen die Ausläufer von Zyklon Debbie mit grosser Wucht über die Nordinsel hinweg. Wir setzten keinen Fuss vor die Tür des gemütlichen B&B. Erst am Mittwoch wagen wir uns wieder raus um per Autostopp ins Städtchen zu gelangen. Vom kurzen Spaziergang zum Aussichtspunkt auf dem Flagstaff Hill kommen wir durchnässt zurück. Wir haben den schwarzen Wolken etwas zulange zugeschaut wie sie auf uns zugerollt kamen. Am Donnerstag ist der Spuck vorüber und auf den allerletzten Velo-Kilometern zurück nach Paihia kommen wir noch einmal richtig ins Schwitzen.

Zum zweiten Mal legen wir eine Strecke mit dem Bus zurück in Neuseeland. Das ist leider einigermassen kompliziert. Zwar kann man die Fahrräder telefonisch voranmelden aber schlussendlich liegt es im Ermessen des Busfahrers ob diese transportiert werden oder nicht. Daher geben wir uns alle Mühe, putzen den Rahmen, drehen den Lenker, nehmen das Vorderrad raus, verpacken die Kette und montieren die Pedale und den Sattel ab.

Im Unterschied zur Fahrt von Dunedin nach Te Anau geht dieses Mal alles reibungslos. Der Bus ist gross und modern, im Kofferraum hätte es Platz für die Räder einer halben Schulklasse und der Fahrer ist gut aufgelegt. Er schafft es sogar eine Viertelstunde vor der fahrplanmässigen Ankunftszeit in Auckland einzufahren. Wir sind zu faul um die Räder wieder zusammen zu bauen und überlassen es dem Taxifahrer einen Weg durch den dichten Firabe-Verkehr zu unserer Unterkunft zu suchen.

Wir haben Glück mit unserem Hostel in Ponsonby. Der Stadtteil liegt erhöht und so hat man an vielen Stellen eine gute Aussicht auf den Sky Tower und die Wolkenkratzer im Zentrum. Die vielen Cafes und Restaurants bieten Essen aus aller Welt. Nicht zu vergessen die leckere Schoggi-Whiskey-Torte, die wir etwas verspätet zur Feier von Elianes Geburtstag verdrücken. Das letzte Stück heben wir uns auf als Belohnung wenn alle unsere im Zimmer verstreuten Sachen endlich in den Seesäcken verstaut sind.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Bye bye NZ
6. April 2017 Okaito - Paihia 5.93 km 93 m
Total 5.93 km 93 m

Twin Coast Cycle Trail à la Velonomaden

Wir haben uns fest vorgenommen zum Abschluss unserer Reise einen der Great Rides über die ganze Länge zu fahren. Der Twin Coast Cycling Trail scheint uns dafür perfekt geeignet, er führt vom Hokianga Harbour an der Westküste zur Bay of Islands am Pazifik. Ausserdem ist er brandneu, der letzte Abschnitt wurde erst am 16. März eröffnet.

Im Tree House treffen wir auf Eric, einen deutschen Radfahrer. Er wollte eigentlich erst auf dem Highway losfahren, doch nun fahren wir zu dritt von Kohukohu zum Anfang des Trails in Horeke. Um dahin zu gelangen nehmen wir zuerst die Fähre zurück nach Rawene und folgend dann einige Kilometer dem Highway 12. Danach gehts über holprige Forststrassen bergauf und bergab bis wir zur Mittagszeit endlich Horeke erreichen. Nur 7 Kilometer Luftlinie von da wo wir gestartet sind.

Wir sind etwas gebrannt von der Schotterpiste, die uns bis an den Start des Radwegs geführt hat. So kommt es, dass wir uns vorerst für die Hauptstrasse entscheiden (kaum Verkehr und guter Belag). Später stellen wir fest, dass wir dadurch ein Highlight verpasst haben. Die Strecke führt nämlich auf einem langen Holzsteg durch ein schönes Sumpfgebiet.

Bei der nächsten Gelegenheit wechseln wir auf den Radweg. Zuerst gehts entlang einer wenig befahrenen Landstrasse. Doch bald schon biegen wir auf einen extra gebauten Pfad ein, den wir laut Strassenbeschilderung nur noch mit Kühen und Schafen teilen müssen. Manchmal müssen wir mächtig in die Pedale treten um steile Stücke zu überwinden, doch meistens rollen wir gemütlich dem Bach entlang.

Am Schluss kommen wir aber dann doch noch mal so richtig ins Schwitzen. In Serpentinen windet sich der Weg vom Utakura Valley hinauf auf das Hochplateau wo Okaihau liegt. Wir haben genug und schauen uns nach einer Übernachtungsmöglichkeit um. Eric hängt noch 25 Kilometer an und fährt zu seinen Freunden nach Kerikeri.

Wir können unser Zelt bei Okaihau Rail Stay aufstellen. Der Radtourismus fördert das hiesige Unternehmentum. Ein Ehepaar hat auf ihrem Grundstück, das früher wohl tatsätlich noch ein Bahnhof war, alte Bahnwagons und das Wärterhäuschen zu einer Unterkunft für Radfahrer umgebaut. Da hat es auch Platz für Zelte. Für 30 $ können wir hier unser Nachtlager einrichten. Im Preis inbegriffen sind Regenbrausendusche, Shampoo und Duschgel, Frotteetuch und frischer Saft aus dem Kühlschrank. Wir teilen den Zeltplatz nur mit zwei Radfahrern aus den USA. In guter Gesellschaft verbringen wir einen gemütlichen Abend.

Eric hat uns am Vortag noch auf den Farmers Market in Kerikeri aufmerksam gemacht. Seine Freunde haben dort einen Stand mit veganen Süssigkeiten. Spontan entscheiden wir uns gegen den zweiten Teil des Radwegs und für einen Besuch auf dem samstäglichen Wochenmarkt. Die Aussicht auf guten Kaffee, frisches Obst und andere Leckereien ist einfach zu verlockend.

Die Strecke nach Kerikeri bringen wir schnell hinter uns und schon bald decken wir uns auf dem Old Packhouse Market mit Gemüse und Ziegenkäse ein. Tatsächlich gibt es auch eine deutsche Bäckerei und wir können endlich mal wieder ein gutes Sauerteig-Roggenbrot geniessen.

Gerade als wir unsere Einkäufe verpacken und uns eine Unterkunft suchen wollen, begegnen wir Eric. Er führt uns zum Stand seiner Freunde „The Nutty Spoon“ wo wir uns ein zweites Frühstück genehmigen. Pat lädt uns spontan dazu ein, unser Zelt doch bei ihnen zu Hause im Garten aufzustellen. Das Angebot nehmen wir gerne an. Erst später finden wir heraus, dass auch Pat und Jana Warmshowers-Gastgeber sind.

Damit noch nicht genug: Eliane stellt auch fest, dass sie den Blog von Jana bereits kennt. So klein ist die Welt. Da liest man im World Wide Web Blogs fremder Leute und plötzlich hat man sein Zelt in deren Garten auf der anderen Seite der Erdkugel stehen.

Wir geniessen die Zeit in Kerikeri und sind froh, dass wir am Sonntag die Regenschauer bei Jana und Pat abwarten können. Mit nur wenig Niesel fahren wir am Nachmittag die kurze Strecke nach Paihia. Mit drei gemächlichen Velotagen sind auch wir von der Tasman Sea an der Pazifikküste angekommen. Zwar nicht auf der vorgesehenen Route aber wie sagt man so schön: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Twin Coast Cycle Trail
31. März 2017 Kohukohu - Okaihau 53.09 km 489 m
1. April 2017 Okaihau - Kerikeri 20.89 km 101 m
2. April 2017 Kerikeri - Paihia 22.14 km 156 m
Total 96.12 km 746 m

Kauri Coast

Matakohe ist ein kleines Nest. Da gibt es ein Café, einen Camping, ein paar verstreute Häuser aber keinen einzigen Laden. Dafür – und das ist umso erstaunlicher – ein richtig grosses Museum. Hier verbringen wir einen ganzen Nachmittag.

Das Kauri Museum ist der grössten einheimischen Baumart Neuseelands gewidmet – dem Kauri (Agathis australis). Es zeigt die Nutzung und Verarbeitung der Baumriesen von der Rodung im Wald bis zum fertigen Möbelstück. Sehr eindrücklich wird einem vermittelt, wie Ende des 19. Jahrhunderts die Kauris ohne maschinelle Hilfe von Hand gefällt und die tonnenschweren Stämme mit Ochsenwagen aus dem teilweise steilen und schwer zugänglichen Gelände befördert wurden. Im Museum sind auch Querschnitte von sogenannten Sumpf-Kauris zu sehen. Dabei handelt es sich um Fallholz, das über die Jahrtausende vom Erdreich bedeckt wurde. Das Alter dieser Bäume liegt zwischen 3’000 bis 40’000 Jahren. Je nach Zustand kann dieses Holz noch weiterverarbeitet werden. Für die ersten europäischen Siedler war die Gewinnung von Harz eine weitere Einnahmequelle. Nach dem Harz wurde auch in den Sümpfen gesucht. Kauri-Harz hatte in Neuseeland teilweise einen höheren Marktwert als Gold und wurde unter anderem zu Skultpuren und Schmuck weiterverarbeitet.

Von Matakohe fahren wir tagsdarauf weiter nach Dargaville – die Kumara Hauptstadt Neuseelands (Kumara ist die neuseeländische Süsskartoffel). Es ist Erntezeit und das Hostel in dem wir einen Regentag ausharren wollen, ist praktisch nur von jungen europäischen Erntehelfern belegt. An diesem verregneten Sonntag erholen wir uns von den vielen Hügeln und die „working travellers“ von der strengen Arbeit auf dem Feld.

Der Wetterbericht für die kommenden Tage ist etwas enttäuschend, wir rechnen mit noch mehr Regen und Nordwind. Umso mehr freut es uns am Montagmorgen bei Sonnenschein loszufahren. Unser Ziel heute ist der Waipoua Forest wo wir die Kauri-Riesen mit eigenen Augen sehen wollen. Bis dahin fahren wir lange durch offene Weidelandschaft und können uns kaum vorstellen, dass das ganze Gebiet früher dicht bewaldet war.

Bevor die Maoris Neuseeland besiedelten, waren die beiden Inseln zu fast 80 Prozent von Wald bedeckt. Bis zum Jahr 1840 schrumpfte der Baumbestand um 40 Prozent. Nach der Ankunft der europäischen Siedler ging noch mehr Wald verloren. In nur 10 Jahren, von 1890 bis 1900, wurde ein Viertel des gesamten noch verbliebenen Baumbestands Neuseelands gerodet. Davon betroffen waren auch die Kauri-Wälder, die vor allem im Norden der Nordinsel vorkommen. Unzählige alte Riesen wurden gefällt. Zwar wurde ein Teil des Bestandes wieder aufgeforstet. Von den alten Bäumen blieben aber nur wenige übrig.

Tāne Mahuta (Herr des Waldes) ist einer dieser Bäume. Sein Alter wird auf um die 2’000 Jahre geschätzt. Seine Gesamthöhe beträgt über 50 Meter und der Stamm hat einen Durchmesser von fast 14 Metern. Tāne Mahuta steht nur wenige Meter neben dem Highway und ist dementsprechend gut besucht. Interessanterweise ist es rund um den Baum trotz der vielen Touristen sehr still. Der Riese zieht alle in seinen Bann.

Von Tāne Mahuta geht es weiter zu der grossen Sanddüne von Hokianga Harbour. Es ist ein weiterer sonniger Tag und wir geniessen in Opononi bei der Mittagsrast ein Bad in der Tasman Sea.

Abends kommen wir im Tree House an, einem kleinen Hostel umgeben von Wald. Man würde es kaum glauben, aber das Stück Land war vorher eine Schafweide. Nur an den steilsten Stellen blieben ältere Bäume übrig. Doch dann haben Phil und Pauline in den 1980er Jahren das Grundstück gekauft und angefangen es mit einheimischen Bäumen zu bepflanzen. Das Backpackers kam erst dazu weil immer wieder Touris an ihre Türe klopften, die die letzte Fähre verpasst haben.

Ums Haus stehen etliche Obstbäume, es hat Zitronen, Quitten, Reben und Feijoa (eigentlich die neuseeländische Nationalfrucht, aber die Kiwi ist halt bekannter). Und das beste ist, dass alles reif ist und die Gäste herzlich dazu eingeladen werden von all den feinen Sachen zu kosten. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen.

Es gefällt uns hier so gut, dass wir ganze drei Nächte bleiben. Wir machen kleine Ausflüge nach Kohukohu und Rawene. Auf dem Nature trail, der übers Grundstück führt entdecken wir ein Ruru (die einheimische Eule). Vor unserem Cabin jagen die Pīwakawaka (Fantail) einander hinterher.

Der angekündigte Regen ist wohl an uns vorbeigezogen. Hoffentlich kommt er nicht erst, wenn wir wieder losfahren um über den Twin Coast Trail an die Bay of Islands zu fahren.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Kauri Coast
27. März 2017 Dargaville - Waipoua Forest 53.56 km 686 m
28. März 2017 Waipoua Forest - Kohukohu 59.37 km 863 m
Total 112.93 km 1549 m