Gletscher, Strand und Regenwald

Am Nationalfeiertag Waitangi Day am 6. Februar setzen wir keinen Fuss vor die Hostel-Tür. Draussen schüttet es 12 Stunden lang und im Hostel wird am Nachmittag sogar der Schwedenofen eingeheizt. Ein perfekter Ruhetag.

Die Westküste gehört zu den niederschlagreichsten Regionen von Neuseeland. Tāwhirimātea, der Wettergott der Maoris, sorgt in dieser Woche jedoch für gutes Fahrwetter: viel Sonne und wenig Wind. Nur zwei Mal in sechs Tagen gibt es kurze Regenschauer.

Am Dienstag fahren wir der rauen Küste entlang in Richtung Gletscher. Fox Glacier lassen wir aus, die kurze Wanderung zum Franz Josef Gletscher machen wir. Etwas störend sind die vielen Helis, die ständig über unsere Köpfe fliegen. Es ist dennoch eindrücklich zu sehen, wie der Gletscher umgeben von Regenwald ins Tal fliesst.

Der Donnerstag bringt ein gutes Kontrastprogramm zu den Touri-Massen der vergangenen zwei Tage. In Okarito machen wir eine nächtliche Kiwi-Beobachtungstour in einer Kleingruppe von acht Personen. In der Umgebung dieses Dörflis (ca. 30 Bewohner) gibt es die Rowi Kiwis. Bei Mondschein laufen wir durch den Wald. Nicht ohne vorher gelernt zu haben sich leise über den Waldboden zu bewegen und die Geräusche von Keas, Ruru-Eulen und natürlich den Kiwis zu unterscheiden. Kiwis sind äusserst scheu und in dieser Nacht traut sich keiner aus dem Gebüsch. Es sind allerdings sehr laute Vögel. Wir hören wie sie mit ihren grossen Füssen durch das Unterholz watscheln und mit ihrem Schnabel den Boden nach essbarem durchforsten. Auch wenn wir keinen Kiwi sehen konnten war die Nacht im Wald ein wunderschönes Erlebnis.

In Ross stellen wir unser Zelt direkt gegenüber dem historischen Empire Hotel auf. Wohlgemerkt, in Australien und Neuseeland entsprechen die Hotels eher unseren Pubs. Auf dem Land erfüllen sie nicht selten so unterschiedliche Zwecke wie Bar, Bottle Shop, General Store, Tankstelle und manchmal eben auch Zeltplatz. In der Gaststube knistert der Kamin, am Pool-Tisch liefert sich der Barkeeper ein Duell mit den working Backpackers, ein altes Klavier versperrt fast den Eingang. Hier trifft sich das halbe Dorf mit der halben Welt. Und das beste ist, dass wir am Schluss nur über die Strasse wanken und in unser Zelt kriechen müssen.

Zwischen Ross und Greymouth verlassen wir zeitweise den Highway und fahren auf dem Westcoast Wilderness Trail. An diesem sonnigen Tag geniessen wir die Pausen am Strand. Es ist schön für ein paar Kilometer den Mietautos und -campern zu entfliehen.

Noch schöner ist es abends auf ein bekanntes Gesicht zu treffen. Mit Salome verbringen wir zwei gemütliche Abende in Greymouth und Punakaiki. In dieser kurzen Zeit lassen sich leider nicht alle Reisegeschichten erzählen. Zum Glück trifft man sich schon bald wieder in Nelson.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Haast - Punakaiki
8. Februar 2017 Jacobs River - Franz Josef 67.19 km 955 m
9. Februar 2017 Franz Josef - Okarito 36.12 km 243 m
10. Februar 2017 Okarito - Ross 100.16 km 807 m
11. Februar 2017 Ross - Greymouth 68.40 km 96 m
12. Februar 2017 Greymouth - Punakaiki 43.98 km 309 m
Total 315.85 km 2410 m

Alpenbrevet

In den ersten fünf Februar-Tagen fahren wir von Manapouri im Fjordland nach Haast an der Westküste. Wir haben Glück mit dem Wetter, nur einmal in Queenstown wird unser Zelt etwas nass vom Regen.

Das einsame Pässchen

Die Strecke bis dahin führt durch eine wunderprächtige Hochebene. Wir fahren entlang von Lothlórien und durch Teile des Fangorn-Waldes. Wir rechnen schon damit Hobbits oder Elben zu begegnen und hoffen, auf keine Orks zu treffen. Zeitweise sind wir da wirklich alleine – nicht mal mehr Schafe sind zu sehen. Die Schotterstrasse ist bis auf wenige Stellen gut befahrbar. Manchmal fehlt halt die Brücke und dann gilt es Schuhe ausziehen und das Velo durch den Bach schieben.

Auch auf dem Camping bei den Mavora Lakes haben wir keine direkten Nachbarn. Umso mehr freuen sich die Sandflies, die in Schwärmen über uns herfallen.

Die Walter Peak High Country Farm bildet den Abschluss dieser Teilstrecke. Dort erleiden wir einen wahren Kulturschock. Nach zwei Tagen im Kraut stehen wir mitten in Horden von Touristen. Und das ist nur ein Vorgeschmack auf den Rummel in Queenstown. Dorthin gehts mit dem altehrwürdigen Dampfschiff TSS Earnslaw.

Der mörderische Pass

Wir haben die Wahl: Entweder in zwei Tagen durch die viel befahrene Kawarau Gorge oder in einem Tag über den höchsten asphaltierten Pass Neuseelands (1076 m), der Crown Range nach Wanaka zu fahren. Wir entscheiden uns für letzteres. An diesen Aufstieg werden wir uns wohl noch lange erinnern. Die letzten Kilometer vor der Passhöhe sind so steil, dass wir das Gewicht unserer bepackten Velos kaum stemmen mögen. Dafür ist die Abfahrt umso schöner – zumindest der Teil bevor der Nordwind einsetzt und uns heftig ins Gesicht bläst.

Der lange Pass

Auf der Strasse von Wanaka nach Makarora hat man immer wieder eine unglaubliche Aussicht, zuerst auf den Lake Hawea und später auf den Lake Wanaka gesäumt von schroffen Flanken und Schneebergen. Auf der ausgesetzten Strasse gibt es aber leider kaum Schutz vor dem Wind. Dieser hat seit dem Vortag kaum nachgelassen. Wir beissen uns durch und am Abend verziehen wir uns in unsere Schlafsäcke noch bevor die Sonne untergegangen ist.

Im Vergleich zur Crown Range ist der Aufstieg zum Haast Pass harmlos. Wenn wir hier Stopps einlegen, dann nicht weil wir ausser Atem kommen, sondern eher um Spaziergänge in den prächtigen Regenwald zu machen. Auf der ganzen Strecke gibt es keine einzige Siedlung. Die mächtigen Flüsse beanspruchen den ganzen Talgrund für sich.

Die Alpenquerung ist geglückt, doch unsere Beine sind müde von der langen Strecke und den vielen Höhenmeter (insgesammt 3187). Daher freuen wir uns dennoch als wir endlich unsere Unterkunft in Haast erreichen. Hier gönnen wir uns wieder mal einen Ruhetag und lassen die Kaltfront vorbeiziehen.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Manapouri - Haast
1. Februar 2017 Manapouri - Mavora Lakes 69.92 km 542 m
2. Februar 2017 Mavora Lakes - Queenstown 56.38 km 317 m
3. Februar 2017 Queenstown - Wanaka 74.24 km 962 m
4. Februar 2017 Wanaka - Makarora 59.20 km 620 m
5. Februar 2017 Makarora - Haast 81.51 km 685 m
Total 341.24 km 3126 m

Doubtful Sound

Die Strecke Oamaru – Dunedin bringen wir in zwei Tagen hinter uns. An beiden Tagen bekommen wir eine ordentliche Portion Regen ab, zwischendurch scheint aber immer mal wieder die Sonne. Das Fahren unterbrechen wir in Moeraki, wo wir die Boulders (Maori „Te Kaihinaki“) anschauen. Die Steinkugeln haben sich in einem komplizierten geologischen Prozess gebildet.

In Dunedin gönnen wir uns zwei Nächte in Hogwartz, einem Hostel das die Schule von Harry Potter zum Thema hat (die Schreibweise hat vermutlich rechtliche Gründe). Unser schönes Zimmer geniessen wir vor allem für die weitere Planung. Schon in der Schweiz haben wir uns überlegt eine Cruise durch den Doubtful Sound zu machen. In Neuseeland angekommen, haben wir die verschiedenen Anbieter gecheckt und sind ob der Preise etwas erschrocken. Der vielversprechende Wetterbericht für Anfang Woche hilft nun aber bei der Entscheidung. Wir buchen die Cruise und eine Busfahrt quer über die Südinsel nach Te Anau. Damit ersparen wir uns auch eine Woche Gegenwind, der uns beim ursprünglichen Plan in Richtung Invercargill weiter zu fahren garantiert gewesen wäre.

Am Montag besteigen wir mit acht anderen Passagieren das Boot. Die Crew (Vater und Sohn) weiss viel über Landschaft und Geschichte und zeigt uns die schönsten Ecken im verzweigten Fjord. Wir geniessen das wunderbare Wetter meist auf dem Oberdeck.

Die lange Fahrt zur Tasman Sea unterbrechen wir am Nachmittag um zu fischen. Einige Passagiere (darunter auch Eliane) ziehen beachtliche Exemplare heraus, die noch an Deck ausgenommen und filetiert werden. Die essen wir dann zum Znacht. Doch vorher wird es noch einmal richtig ruppig. Die Felsen wo sich die Robben räckeln und die Albatrosse kreisen sind nämlich schon fast auf dem offenen Meer wo das Boot dem hohen Seegang ausgesetzt ist.

Wieder in ruhigeren Gewässern angelangt sitzen wir gemütlich zusammen und geniessen den Fang vom Nachmittag mit köstlichen Beilagen. Plötzlich tauchen Delfine vor dem Schiff auf. Natürlich stürmen sogleich alle an Deck um den vorwitzigen Tieren dabei zuzuschauen, wie sie um den Bug schwimmen oder sogar in die Luft springen. Wir lassen die Kamera in der Kabine, dieses Schauspiel wollen wir einfach nur geniessen.

Noch in der Nacht beginnt es zu regnen. Am nächsten Morgen sehen wir den Doubtful Sound, wie ihn wohl die meisten sehen: im strömenden Regen mit nebelverhangenen Gipfeln. Die vielen Wasserfälle sind so noch viel eindrücklicher. Wir haben den perfekten Tag erwischt. Das war „no doubt“ die richtige Entscheidung.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Omaru - Dunedin
26. Januar 2017 Oamaru - Moeraki 41.32 km 239 m
27. Januar 2017 Moeraki - Dunedin 78.09 km 939 m
29. Januar 2017 Te Anau - Barnyard Backpackers 10.21 km 101 m
30. Januar 2017 Barnyard Backpackers - Manapouri 12.73 km 5 m
Total 142.34 km 1284 m

Rekorde

Am Montag rekordblauer Himmel. Die Fahrt über den Burkes Pass (ganze 709 Meter) ist nur halb so anstrengend wie die Etappe am Tag zuvor. Dies auch weil wir ständig anhalten müssen um ein Föteli zu schiessen oder einfach nur die Aussicht zu geniessen. Auch rekordverdächtig ist die Ladung, die per Tieflader über den Highway rollt. In Westaustralien waren es Hausteile, hier ein komplettes Häuschen mit Veranda. Der mondlose Sternenhimmel übertrifft dann alles, fast sogar noch die Farbe des Lake Tekapo an dessen Ufer wir unser Zelt aufgestellt haben.

Tags darauf sehen wir aus der Ferne den Aoraki (Mt. Cook), manchmal fast ohne Wolken. Lo lässt seine Kamera fallen und das ist rekordverdächtig ungeschickt. Jetzt macht sie nur noch verschwommene Bilder. Das Objektiv ist wohl leider hinüber. Am Abend campen wir in der Nähe von Omarama. Nachdem wir uns ins Zelt verkrochen haben kommt Wind auf – so richtig heftiger Sturmwind. Über unseren Köpfen ächzen die Äste in den Böen. Wir sind erleichtert als gegen Morgen der Regengott übernimmt, so lässt es sich besser schlafen.

Ganze 125 Kilometer mit einem Schnitt von fast 25 km/h nach einer solchen Nacht. Ohne die freundlichen Hilfe vom erneut erstarkten Wind und der günstigen Topografie wäre eine solche Etappe für uns kaum zu schaffen. Lo fordert sein Pech erneut heraus und macht ein Bauchlandung in den Rollsplit. Beide Hände bluten, damit lässt sich das Velo nicht mehr so einfach steuern. Vielleicht sollten wir das Fahrzeug wechseln? Im Steampunk Headquarter in Oamaru haben wir uns einige Occasionen zeigen lassen. Damit würden wir hier sicher wieder auffallen. Im Gegensatz zu Westaustralien wimmelt es nämlich von Radreisenden.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Fairlie - Omaru
23. Januar 2017 Fairlie - Lake Tekapo 44.27 km 538 m
24. Januar 2017 Lake Tekapo - Omarama 81.80 km 235 m
25. Januar 2017 Omarama - Oamaru 118.83 km 324 m
Total 244.91 km 1097 m