Werkstattbericht

Gemäss Rohloff-Website gibt es in Perth zwei Veloläden, die sich mit der Speedhub-Schaltung auskennen. So viel vorweg: Wir kennen jetzt beide.

Gleich am Montagmorgen sind wir mit Eliane’s Velo zu Cyclemania gefahren. Lorenz kennt den Laden bereits. Er hat hier nach unserer Ankunft Anfang November ein neues Vorderrad gekauft. Erste Diagnose: Die Kette ist ausgeweitet und muss ersetzt werden.

Das Velo bleibt für eine Nacht in der Werkstatt und wir widmen uns unserem Mätteli-Projekt. Bei beiden Isomatten haben sich die Schweissnähte der einzelnen Luftkammern gelöst, so dass das Mätteli an gewissen Stellen eher einem Ballon gleicht. Bei Mainpeak in Cottesloe macht man uns die Vorzüge der neuen Sea to Summit-Isomatten schmackhaft. Angeblich viel bequemer zum Schlafen als EXPED-Isomatten und die Comfort-Kategorie hat ein Zwei-Schichten-System, d. h. wenn es ein Leck in der unteren Schicht gibt, so hat man immer noch Luft in der oberen. Luft kommt mit Hilfe eines kleinen, wasserdichten Packsacks rein. Die Matten sind leichter und vom Packmass her nochmals um einiges kleiner als die EXPED-Isomatten. Das hat natürlich auch seinen Preis und den Aufpumpsack gibt’s auch nicht gratis dazu. Kurz und gut: die netten Verkäufer von Mainpeak sind überzeugend und wir kaufen die Sea to Summit-Isomatten.  Schlussendlich überwiegen die Vorteile und wir wollen endlich auch im Zelt wieder gut schlafen können. Ein Testbericht wird folgen.

Am Dienstagmittag erfahren wir, dass Eliane’s Velo den Mechaniker und die Werkstatt gewechselt hat. Weil nach dem Kettenwechsel der Lärm immer noch da war, hat sich der Mechaniker von Cyclemania Hilfe geholt beim zweiten Rohloff-Experte in der Stadt, Quantum Bicycles. Perth ist nicht gerade klein. Zum Glück liegen ausgerechnet die beiden Rohloff-Experte nur 1 Kilometer voneinander entfernt. Wir fahren also wieder quer durch die Stadt um bei Quantum Bicycles die Ausgangslage und die Möglichkeiten zu besprechen. Der Mechaniker von Quantum hat festgestellt, dass der Einfüllbereich für das Öl nicht korrekt verschlossen war und das Öl aus der Nabe austritt. Das Öl hat zudem nicht den gleichen Geruch wie das Rohloff-Öl. Eliane’s Velo war im Oktober noch im Service und die Leute von Velocitta erklären nach einem Service gut, was sie alles gemacht haben. Dies hat nun den Vorteil, dass Eliane dem Mechaniker genau sagen kann, was gemacht wurde, ob ein Fehler beim Ölwechsel möglich ist und welche Arbeiten für den nächsten Service vorgesehen sind. Die Verwendung eines falschen Öls, oder dass die Reinigungsflüssigkeit noch drin ist, kann sich Eliane nicht vorstellen. Somit fällt schon mal eine mögliche Ursache weg. Allerdings war vorgesehen, dass man nach der Rückkehr in die Schweiz den Dichtungsring genauer untersuchen und wahrscheinlich auswechseln muss. Für den Mechaniker ist sofort klar, dass der Zeitpunkt jetzt gekommen ist. Der Druckunterschied im Flugzeug und der Sand haben dem Dichtungsring offenbar stark zugesetzt. Er erklärt uns, dass er in Rohloff-Naben in Australien jeweils einen Dichtungsring für Autos einsetzt, anstelle des Rohloff-Dichtungsrings, weil die Bedingungen mit dem vielen Sand und der Hitze hier das Material stärker beanspruchen. Gleichzeitig kann davon ausgegangen werden, dass im inneren der Nabe wahrscheinlich alles in Ordnung ist.

Es war eine gute Entscheidung der Ursache des Lärms nachzugehen. Die Schaltung hätte unter diesen Umständen wohl zusehends Schaden genommen. Wir sind extrem dankbar, dass sich die Mechaniker in Perth nicht zu Schade sind, einfach mal schnell dem Kollegen anzurufen und ein Problem zu besprechen. Unser Glück ist auch, dass der Rohloff-Experte von Quantum, der übrigens mit jemandem von der Rohloff-Familie verschwägert ist und sich auch deshalb so gut auskennt, noch in Perth ist (ab dem Wochenende wäre er für mehrere Wochen im Ausland gewesen) und dass er alle notwendigen Ersatzteile an Lager hat (Rohloff-Ersatzteile müssen von Sydney oder direkt von Übersee bestellt werden).

Eliane’s Velo verbringt also noch einen weiteren Tag in der Werkstatt. Wir werden nun nicht am Mittwoch sondern erst am Donnerstag weiterfahren können. Für unsere Warmshowers-Gastgeber ist das kein Problem und auch wir haben nichts dagegen, noch etwas mehr Zeit in Perth zu verbringen und noch weitere Stadtteile zu erkunden. Wir schlendern ein bisschen durch Leederville und entdecken ein kleines Café mit leckeren Cupcakes. Abends gibt es feines Bier und die „beste Pizza, die ich je gegessen habe“ (O-Ton Lorenz) in der Little Creatures Brewery in Fremantle. Unsere Gastgeber machen uns zudem auf das PIAF Openair Kino aufmerksam. Im Rahmen des Perth International Arts Festivals wird in den Sommermonaten jeweils eine Woche lang ein Film vorgeführt. Der Film „Little man“ hat uns beiden jetzt nicht wahnsinnig gut gefallen, die Atmosphäre und die Umgebung dafür umso mehr. In der Woche vor Weihnachten sind wir zurück in Perth und dann läuft „Julieta“ von Pedro Almodóvar.

Bereits bei unserem ersten Aufenthalt in Perth haben wir Kakulas Sister in Nollamara entdeckt. In Fremantle gibt es einen weiteren Kakulas Sister-Laden und in Northbridge ist der Hauptsitz Kakulas Brothers. Wir waren in allen drei Läden und sind begeistert vom Konzept. Es ist eine Mischung aus Kolonialwarenladen und Bazar. Die Ware steht in offenen Säcken und Kisten bereit. Man füllt sich einfach gerade die Menge ab, die man braucht. Das Angebot reicht von Kaffeebohnen (leider bereits geröstet), über Gewürze, Mehl, Getreide, Nüsse, Trockenfrüchte, Süssigkeiten bis hin zu Teemischungen. Der einzige Nachteil ist das Abfüllen in einzelne Plastiksäcke und ja, wir haben uns schon Gedanken gemacht, wie man das Plastikproblem lösen und überhaupt eine Filiale in Bern eröffnen könnte, Kakulas Cousin sozusagen.

Jetzt geht’s aber erst einmal weiter südwärts mit intakten Mätteli und einer wieder voll funktionstüchtigen und leisen Rohloff-Schaltung. Die grossen Karri-Bäume und viele weitere Strände erwarten uns…

Back in Perth

Auf dem Weg nach Perth machen wir Halt im Yanchep Nationalpark. Hier müssen wir uns nicht beeilen, um Fotos von Kängurus zu machen. Die hüpfen auch am Tag vereinzelt über die Grünflächen und wenn sich gegen Abend die Tagestouristen (und die Hitze) verabschieden, sind die Kängurus deutlich in Überzahl und kommen von allen Seiten aus den Büschen.  Koalas schlafen fast 20 Stunden pro Tag und in der restlichen Zeit essen sie schwerverdaulichen Eukalyptus. Sie halten sich dementsprechend schön still beim Fotografieren. Viel schwieriger ist es die Tiere überhaupt erst in den Bäumen zu finden.

Wir gehören zu den glücklichen die im Park übernachten können. Campingplätze in den Nationalparks von Westaustralien müsste man eigentlich im voraus online reservieren. Für zwei Velofahrer mit nur einem Zelt findet der Platzwart aber doch noch einen Platz. Etwas später bekommen wir sogar noch Zeltnachbarn: die beiden Holländerinnen machen mit ihren Rädern ebenfalls Halt im Yanchep Nationalpark.

Am Sonntag, 27. November nähern wir uns gemächlich der Grossstadt Perth. Zunächst werden wir aber nochmals mit der Wildnis konfrontiert. Auf der Strasse vom Nationalpark in den gleichnamigen Ort Yanchep möchte sich eine braune, lange Schlange auf dem Radstreifen aufwärmen. Wir können zum Glück beide noch ausweichen und die Schlange mit etwas Abstand umfahren. In Yanchep genehmigen wir uns auf den Schrecken hin einen guten Kaffee und frische, warme Waffeln auf dem Farmer’s Market.

Ab Yanchep führt unser Weg durch viele neue Vororte, die sich zum Teil erst in Planung befinden. Man spürt hier die Anziehungskraft der Metropole Perth. Der Gegensatz zu den vorherigen Etappen könnte kaum grösser sein. Hier gibt es nicht nur Wohnflächen und breite Strassen, sondern auch gute Fuss- und Velowege. Wir entscheiden uns für den Küstenweg, der sich über weite Strecken durch die Dünen windet.

In Perth bleiben wir länger als geplant. Wir müssen die Gelegenheit nutzen in der einzigen grösseren Stadt im Umkreis von 2000 Kilometern unser Material zu prüfen und wo nötig zu ersetzen. Schweren Herzens müssen wir uns hier von unseren EXPED-Mätteli verabschieden. Und auch ein Besuch beim Velomech ist angesagt. Trotz Kettenreinigung macht der Antrieb bei Elianes Velo immer noch einen Höllenkrach. Doch dazu später mehr.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Cervantes - Perth
24. November 2016 Cervantes - Lancelin 88.10 km 253 m
25. November 2016 Lancelin - Moore River Bridge Rest Area 56.10 km 239 m
26. November 2016 Moore River Bridge Rest Area - Yanchep National Park 34.59 km 108 m
27. November 2016 Yanchep National Park - Perth 64.12 km 283 m
Total 242.92 km 883 m

Indian Ocean Drive

Am 19. November verlassen wir Geraldton. Seit dem kämpfen wir gegen den Wind, der uns ab Mittag mit bis zu 30 km/h von südwesten her ins Gesicht bläst (die Aussies nennen das „sea breeze“). Jetzt ist es also nicht mehr die Mittagshitze, die uns zum Frühaufstehen bewegt. Bis ca. 10 Uhr ist der Wind nicht sehr stark oder kommt noch von Norden oder Osten. Und dann, als würde man einen Schalter umstellen, ist der Wind da. Unser Schnitt fällt schlagartig von 15 bis 20 km/h auf 10 km/h und die Böen fegen uns fast von der Strasse. Die Etappe von Geraldton bis Port Denison war besonders hart. 76 Kilometer mit starkem Gegenwind, und das alles auf dem starkbefahrenen Brand Highway mit vielen Road Trains. Ein Highway hat hier nur eine Spur pro Fahrtrichtung. Es gibt aber ca. alle 20 Kilometer eine Überholspur, damit die Road Trains und Wohnwagen sicher überholt werden können. Einen asphaltierten Pannenstreifen gibt es auch nicht immer, so dass wir teilweise auf der einen Fahrbahn zusammen mit allen anderen fahren müssen. Als Zückerchen oben drauf gab es noch eine Baustelle, d. h. ein Stück Strasse (Highway!!) ohne Asphalt, nur Sand. Wir werden erstmal von einem Road Train paniert, anschliessend vom Wasserwerfer, der die Strasse befeuchtet, klatschnass gespritz, um gleich anschliessend wieder von einem Road Train paniert zu werden. In der Mittagspausen haben wir die zwei Stück Cheesecake, die uns Fiona & Damon tiefgekühlt am Morgen mitgegeben haben, als Stärkung dringend gebraucht und am Abend belohnen wir uns mit einem kühlen Bier.

Tags darauf können wir den Brand Highway endlich verlassen und wir fahren nun auf dem Indian Ocean Drive Richtung Perth. An der Turquoise Coast sind wir bekannt wie ein bunter Hund. Die Gegend ist sehr dünn besiedelt und die Ortschaften klein. Unser Ruf eilt uns voraus und die Leute wissen, dass jetzt dann bald die zwei Velofahrer eintreffen werden. Beim Einkaufen oder an Rastplätzen werden wir dementsprechend auch angesprochen. Das ist zwar nichts Neues, denn mit dem vollbeladenen Velos wird man eh immer von irgendjemanden angesprochen. Ein paar Sprüche über den Gegenwind kann sich hier auch niemand verkneifen. Aber das ist okay. Die Leute sind sehr nett und hilfsbereit. Vor allem zahnlose ältere Kerle, deren Slang man kaum versteht. Die verbringen ihre Tage am liebsten mit Reisen und Fischen. Zwei solche Begegnungen an einem Tag hatten wir am Anfang des Indian Ocean Drives. Am Mittagsrastplatz haben wir frisches Wasser erhalten und uns wurden Geschichten über die vor dem Gegenwind geretteten Radfahrer in der Nullarbor Plain erzählt. Am späteren Nachmittag offerierte uns ein ähnlicher Typ Übernachtung und Wasser, dass war jedenfalls grob das, was Eliane verstanden hat. Wir haben uns dann aber trotzdem für den Rastplatz in der Nähe entschieden.

Cervantes, 22. November – die ersten 1’000 Kilometer sind geschafft. Hier bleiben wir zwei Nächte, trinken Kaffee, essen Torte. An unserem Ruhetag fahren wir nur 45 Kilometer zur Pinnacle Desert und zurück. Um vor der Masse und bei schönster Morgenstimmung dort zu sein, stehen wir wieder früh auf. Wir können ja den Rest des Tages schlafen. Die Morgendämmerung ist atemberaubend. Die Pinnacles haben wir dann ganz für uns, denken wir zumindest. Etwas später kreuzt eine 1 Meter lange Schlange unseren Weg und gegen Ende des Rundwegs treffen wir noch auf ein deutsches Paar.

In Cervantes treffen wir auch auf die ersten anderen Radreisenden. Natürlich nutzen wir die Gelegenheit, um uns etwas auszutauschen. Die zwei Holländerinnen waren nur einen Tag später in Green Head als wir und haben dort schon von uns erfahren.

Wir tauschen uns aber nicht nur mit den Radreisenden aus. Gestern haben wir am Picknick-Platz in Lancelin den Motorradfahrer Terry kennen gelernt. Er ist Rentner und geniesst seine Tage fast ausschliesslich mit Reisen. Entweder auf dem Töff oder mit dem Camper. Er hat uns viele gute Tipps gegeben, die schönsten Plätze auf der Karte gezeigt und uns schliesslich auch seine Nummer gegeben, falls wir noch weitere Fragen haben oder damit er uns bei Problemen helfen kann.

Wer nun denkt, dass wir uns die ganze Zeit nur auf dem Velo durchs Land quälen, irrt sich. Seit die „sea breeze“ wieder etwas wärmer ist und die Tage wieder über 30 Grad, geniessen wir die Nachmittage mit baden im Indischen Ozean und faulenzen am Strand.

 

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Geraldton - Cervantes
19. November 2016 Geralton - Port Denison 75.52 km 236 m
20. November 2016 Port Denison - Knobby Head Rest Area 50.35 km 96 m
21. November 2016 Knobby Head Rest Area - Green Head 49.73 km 79 m
22. November 2016 Green Head - Cervantes 58.65 km 93 m
23. November 2016 Cervantes - Nambung National Park (Pinnacles) 40.75 km 96 m
Total 275.00 km 600 m

Grossstadt à la Western Australia

Nur drei Tage und ca. 200 Kilometer haben wir gebraucht, um von Kalbarri in die nächste Grossstadt zukommen – Geraldton. Die grösste Stadt zwischen Perth und Darwin, die nur 4’000 Kilometer von einander entfernt sind. Geraldton zählt ganze 40’000 Einwohner (Stand 2015 gemäss Wikipedia) und ist somit kleiner als Thun. Einen würdigen Ersatz für unsere geliebten EXPED-Mätteli finden wir hier leider nicht, wir müssen wohl noch bis Perth mit unseren alten durchhalten.

Nach Kalbarri National Park sind wir nun im sogenannten Wheatbelt von Westaustralien. Es ist Erntezeit und das Getreide wird in Roadtrains von den Felder weggeführt. Die Landschaft wechselt von grünen Büschen und rotem Sand zu Getreide in beige und rotem Sand.

Die Schweiz war uns in den letzten Tagen immer wieder präsent. Im Hostel in Kalbarri haben wir Adam kennen gelernt, der derzeit mit seiner Familie in Grindelwald wohnt und ferienhalber in der Heimat ist. Auf seinem Auto kleben ein schöner Grindelwald- und ein CH-Sticker. In Northampton haben wir eine ausgewanderte Bernerin getroffen. Und schliesslich hat Eliane noch von Schnee und Skifahren geträumt, obwohl sie eigentlich das sommerhafte Frühlingswetter von um die 30 Grad in Australien überaus gerne hat.

In Geraldton haben wir nun das erste Mal selber Warmshowers ausprobiert und sind bei der Familie von Fiona und Damon untergekommen. Die sind mit ihren beiden Töchtern vor ein paar Jahren mit dem Velo durch Europa gereist und sind auf dieser Reise auch durch die Schweiz und über den Gotthardpass gefahren.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Kalbarri - Geraldton
14. November 2016 Kalbarri - Lookouts 21.69 km 186 m
15. November 2016 Kalbarry - Port Gregory 75.98 km 363 m
16. November 2016 Port Gregory - Fig Tree Crossing Rest Area 94.65 km 540 m
17. November 2016 Fig Tree Crossing Rest Area - Geraldton 18.78 km 69 m
Total 211.10 km 1158 m