Lukmanier – Goms – Binntal

Der Weg zurück in den Norden beginnt gemütlich. In Biasca packen wir ein Kilo Spargeln ein und frisches Brot. Dort zweigen wir auch ab ins Bleniotal. Auch hier gehts beschaulich weiter über Nebenstrassen und durch verschlafene Dörfli. In Acquarossa wechseln wir auf die Kantonsstrasse. Unser Ziel für heute ist Torre. Da sind wir bei Freund:innen untergebracht. Wir freuen uns auf Grillen und ein Fyrabebier am Bach. Doch die letzten Kilometer gehen wieder in die Beine. Es ist heiss, die Strasse steigt stetig an und wir wollen unser Ziel erreichen bevor die Tour de Suisse uns von der Strasse fegt.

Das Spektakel dauert nur wenige Minuten. Dies im Gegensatz zu all den ganzen Töffs, Service- und Polizeifahrzeugen die während mehr als einer halben Stunde vor den Rennfahrern über die Strasse brettern. Nur der Lärm der Helikopter hallt noch ein paar Minuten durchs Tal bevor wieder Normalbetrieb einkehrt.

Am nächsten Tag kurbeln wir langsam hinauf zum Lukmanier. In Camperio probt eine Gugge unter freiem Himmel und bei Segno geht auch uns die Puste aus. Zeit für eine verspätete Mittagsrast. Wir freuen uns schon auf den Pro Natura Camping bei Acquacalda. Leider vergebens, der öffnet nur für wenige Wochen zwischen Ende Juni und Ende August. Daher fahren wir weiter entlang der wunderschönen Hochebene bis zum Hospiz, durch die ellenlange Galerie und auf der anderen Seite wieder runter. Unser Nachtlager schlagen wir auf dem TCS Camping in Disentis auf. Keine 24 Stunden später geht ein Erdrutsch auf die Passstrasse nieder, die Räumungsarbeiten dauern mehrere Tage.

Von Disentis bis auf den Oberalppass nehmen wir den Zug. Auch heute gilt es der Tour de Suisse auszuweichen, wir wollen Andermatt erreichen bevor dort der Startschuss zur 8. Etappe fällt. Bei der Abfahrt bremst uns der Tross eines holländischen Teams etwas aus. Trotzdem schaffen wir es fast gleichzeitig aufs Perron wie der Zug aus Disentis was die Kondukteurin in ungläubiges Staunen versetzt. Weiter gehts wieder mit dem Zug bis nach Oberwald im Goms.

Die Rhoneroute verlangt unseren Fahrkünsten einiges ab. Teils führt sie über steile Naturstrassen, teils über Fahrwege mit tiefen Schlaglöchern. Nichts fürs Rennvelo, aber mit unseren treuen Tourenrädern ist das kein Problem. Kein Weiterkommen dann am Eingang zum Binntal. Der Veloweg nach Grengiols ist an der Abzweigung von der Binnstrasse wegen Holzschlags gesperrt. Entweder müssen wir jetzt zurück ins Rhonetal oder weiter ins Binntal. Wir entscheiden uns für letzteres, weil hinten im Tal ein sehr schöner Campingplatz winkt.

Unser Platznachbar hat wenig Verständnis, dass wir schon wieder abreisen. Wenn man schon mal da im hintersten Chrachen sei, dann sollte man mindestens ein paar Tage bleiben. Was die Autofahrer:innen halt kaum verstehen: Alles was wir am Tag zuvor raufgekurbelt sind können wir jetzt runtersausen. Schon bald sind wir in Brig, nehmen dort den Zug nach Kandersteg und gönnen uns noch mehr Abfahrt durchs Kandertal. Auch hier besuchen wir wieder Familie. Am Tag darauf früh weiter um möglichst vor der aufkommenden Thermik (Gegenwind) wieder im Flachland zu sein.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Lukmanier - Goms - Binntal
11. Juni 2021 Bellinzona - Torre 38.90 km 671 m
12. Juni 2021 Torre - Disentis 40.77 km 1250 m
13. Juni 2021 Disentis - Binn 44.07 km 483 m
14. Juni 2021 Binn - Frutigen 41.56 km 214 m
15. Juni 2021 Frutigen - Zollikofen 58.64 km 205 m
Total 223.94 km 2822 m

Albula – San Bernardino

Schon der erste Aufstieg von Scuol nach Ftan ist ein kleiner Vorgeschmack von dem was uns in den folgenden Tagen erwarten wird. Kurve um Kurve windet sich die Strasse dem kleinen Dorf entgegen. Dannach führt der Veloweg hoch über dem Inn durch die Dörfer Ardez, Bos-cha und Guarda. In Zernez treffen wir auf Velofahrer aus Holland. Sie wollen wissen ob man mit dem Velo durch den Munt La Schera Tunnel nach Livigno kommt. Eliane weiss, dass es dort einen Shuttle Bus für Velos gibt.

Weil es noch zu früh ist um das Zelt zu stellen fahren wir noch ein bisschen weiter. In Chapella gibts einen hübschen Camping zwischen Bahn und Inn mit vielen idyllischen Plätzen im Wald und am Wasser. Während dem ersten Regenschauer harren wir unter dem Sonnenschirm der Reception aus. Der zweite Schauer kommt beim Zelt aufstellen. Kochen und Essen können wir zum Glück wieder im Trockenen.

Am Tag darauf fahren wir zügig weiter dem Inn entlang aufwärts. Der Albulapass ist noch geschlossen, daher wollen wir in Bever den Zug nach Preda nehmen. In La Punt bei der Abzweigung zum Pass machen wir trotzdem kurz Pause.

Wir machen wohl einen etwas verlorenen Eindruck. Eine ältere Frau spricht uns an und will wissen ob wir den Veloweg suchen. Wir erklähren ihr, dass wir eigentlich gerne über den Pass wollten, dass dieser aber noch zu sei. Sie winkt ab und sagt, wir sollten unbedingt über den Pass wenn wir auf die andere Seite wollten. Die Strasse sei frei vom Schnee, es gebe einzig noch ein paar Baustellen. Der Pass sei eine ihrer Trainingsstrecken um sich für eine längere Tour im Ausland vorzubereiten.

Wir lassen uns das nicht zweimal sagen. Schon bald arbeiten wir uns auf der unbefahrenen Strasse Kurve um Kurve hoch. Wir kreuzen nur vereinzelt andere Velofahrer:innen, sonst sind wir alleine in der Stille des Bergfrühlings. In der Höhe treffen wir auf Murmeli, die sich auf der Strasse aufwärmen. Für die Abfahrt müssen auch wir uns warm einpacken. Nach wenigen Kilometern bergab finden wir ein lauschiges Plätzli fürs Zmittag. Dannach gehts weiter runter nach Preda, Bergün, Filisur und schliesslich bis Tiefencastel.

Die Strasse durch die Scheinschlucht zwischen Tiefencastel und Thusis hat einen schlechten Ruf. Sie ist stark befahren, eng und führt durch einige längere Tunnel. Schweizmobil empfiehlt stattdessen die Mountainbike Route 1 über Alvaschein und Mundain zu nehmen. Doch der Aufstieg vom Vortag steckt uns noch in den Oberschenkeln. Die Aussicht auf Singletrails mit Tourenrad missfällt uns. Daher nehmen wir den Zug bis Thusis. Wir überlegen kurz ob wir von hier aus runter an den Bodensee oder rauf auf den San Bernardino wollen. Wir entscheiden uns für die Bergstrecke. Wir kurbeln obsig durch die Viamala und die Rofla Schlucht. Es regnet immer mal wieder, aber nie wirklich stark. In Sufers kaufen wir Nusstorte aus dem Kühlschrank, in Splügen gibts Espresso und Torta della Nonna beim Italiener und e Suure Moscht und Bier auf dem Camping. Hier regnet es zum Glück nicht mehr.

Die nächste Etappe führt uns zuerst weiter durch den Rheinwald. Bei einem kurzen Trinkhalt passiert das, was uns die letzten zwei Tage auch jeweils passiert ist. Wir werden von einem welschen Paar auf E-Bikes überholt. Wir plaudern ein bisschen und fahren dann in unseren Tempi weiter. Die eigentliche Passstrasse windet sich in vernünftiger Steigung ab der Ortschaft Hinterrhein bis zur Passhöhe hoch. Es reicht noch für ein Cappuccino bevor sich der Himmel verfinstert und ein kühler Regenschauer mit Graupel einsetzt. Aber schon bevor wir in der Ortschaft San Bernardino einfahren ist die Strasse schon wieder trocken. Nachdem Zmittag gehts dann richtig runter. Bis Pian San Giacomo auf der Hauptstrasse und danach nach Mesocco auf einer sehr steilen Nebenstrasse. In Lostallo kaufen wir Fisch aus der lokalen Zucht und in Roveredo den Rest für unser Znacht. Der Camping in Bellinzona ist etwas ausserhalb. Zum Glück haben wir alles fürs Znacht dabei. Es reicht noch für ein kleines Apéro mit einem Veloreisenden aus München bevor ein kräftiger Gewitterregen uns in die Zelte jagt. Gekocht wird sobald sich die Wetterlage etwas beruhigt hat.

Den nächsten Tag verbringen wir in der Stadt (neue Bremsbeläge kaufen) und am Lago Maggiore (baden und Gelati essen). Und den Abend geniessen wir in der Camping Beiz wo überraschend gutes Essen und günstigen Aperol Spritz serviert wird.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Albula - San Bernardino
6. Juni 2021 Scuol - Chapella 40.66 km 733 m
7. Juni 2021 Chapella - Tiefencastel 49.18 km 859 m
8. Juni 2021 Thusis - Splügen 26.70 km 987 m
9. Juni 2021 Splügen - Bellinzona 68.83 km 760 m
Total 185.38 km 3339 m

Vom Berner Oberland ins Unterengadin

Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen brechen wir Ende Mai auf zu unserer diesjährigen Velotour in der Schweiz. Wir haben uns keine spezielle Route vorgenommen und auch keine Region. Wir fahren einfach am Sonntagnachmittag von zu Hause los und lassen uns mit dem Rückenwind ins Berner Oberland treiben. Nach nur wenigen Kilometern haben wir den ersten Etappenort Steffisburg erreicht, wo wir beim Familienbesuch auch gleich unser Zelt im Garten aufstellen können.

Am Thuner- und Brienzersee entlang radeln wir am nächsten Morgen weiter. Die Strasse zwischen Thun und Interlaken ist ziemlich befahren, aber dafür hat man auf dieser Seeseite immer den See gleich neben sich. Der Veloweg führt durchs beschauliche Städtli von Unterseen.

In Interlaken wechseln wir den See und auch die Seeseite. Doch vor dem Aufstieg nach Iseltwald gibts erst einmal Mittagsrast. Nach diesem Bänkli am See endet nämlich der flache Radweg. Der Nachmittag führt uns mit Steigungen bis zu 20% über Iseltwald, zu den Giessbachfällen und wieder runter nach Unterbach. Die letzten Kilometer bis Meiringen sind dann wieder flach und der Gegenwind mild. Bevor wir unser Zelt auf dem Campingplatz Balmweid aufstellen, belohnen wir uns in Meiringen noch mit Tatzelwurm und Kaffee. Den Kaffee zum Mitnehmen geniessen wir übrigens aus unseren Camping-Bechern. Bisher haben wir noch immer so auf den unnötigen Müll von Pappbechern verzichten können. Und nur selten füllen die Baristas den Kaffee vom Pappbechern dann in unsere Camping-Becher um.

Für die 3. Etappe wäre ein Tatzelwurm am Morgen angebracht. Die ersten 5 Kilometer führen über 450 Höhenmeter von Meiringen auf den Hasliberg. Die Brünigpassstrasse wäre hier mit weniger Kraftauswand zu bewältigen gewesen. Unterwegs werden immer wieder von Motörli-Biker:innen überholt. Zum Glück gibt es zwischendurch klares, kaltes Quellwasser. Es ist nämlich wieder ein sonniger, warmer Tag und wir kommen ordentlich ins Schwitzen. Vom Hasliberg fahren wir runter auf den Brünigpass. Nach einem kurzen Stück auf der Passstrasse geht der Radweg dann rechts ab und wir fahren abseits der Brünigpassstrasse in Richtung Lungern.

Nach einer rasanten Abfahrt treffen wir in Giswil auf ein älteres Radtourenpaar. Beide etwas geniert, dass sie jetzt mit E-Unterstützung fahren. Dabei lassen sie nicht unerwähnt, dass sie in früheren Jahren von der Schweiz bis nach St. Petersburg gefahren seien – ohne Motor. Nach einem kurzen Schwatz ziehen wir in gegengesetzter Richtungen weiter.

In Sachseln fahren wir am ersten Firma aus dem WOZ-Rüstungsreport vorbei. Maxon ist leider nicht nur Hersteller von E-Bike-Motoren und Mars-Rover, sondern auch Zulieferer für Drohnen, Bomben und Raketen.

In Sachseln endet auch das gemütliche gerade aus und runter fahren. Um nach Stans zu gelangen geht es erstmal deftig obsig. Hitze und Hunger lassen uns schon bei der alten Salzbrunnen-Brücke Rast machen. Nach einem weiteren, gefühlt ewig langem Aufstieg, kommt endlich der Abzweiger nach Kerns. Trotz Tempo liest Eliane aufmerksam die Schilder und legt eine gekonnte Vollbremsung ein bei Migis Schoggi Gädeli. Die tiefgekühlten Torten passen leider nicht in unsere Saccochen, dafür aber zwei Glacé-Becher und ein Stück Alpkäse.

Die zweite Firma aus dem Rüstungsreport treffen wir in Stans an. Hier sind die Pilatus-Werke zu Hause.

Mit der Autofähre gelangen wir von Beckenried NW nach Gersau SZ. Von da sind wir nach wenigen Kilometern auf dem Zeltplatz in Brunnen SZ. Mit über 65 Kilometern und 998 Höhenmetern in den Beinen sind wir zu Müde um noch selber zu kochen. Nach mehr als sechs Monaten, in denen wir Pandemie bedingt nicht Essen gehen konnten, ist es aber noch etwas ungewohnt, mal wieder auf der Terrasse einer Pizzeria zu sitzen.

Die 4. Etappe führt uns quer durch den Kanton Schwyz. Über Seewen und Steinerberg geht es wieder hoch über den Sattel. Wir staunen nicht schlecht, als wir bei den Wanderweg-Wegweisern lesen, dass wir wieder auf über 900 M. ü. M. angelangt sind. Brunnen liegt bei gut 400 M. ü. M. Belohnt wird dieser Aufstieg mit der Fahrt durch das Hochmoor von Rothenthurm und anschliessend Kaffee und Kuchen in Einsiedeln.

Das Etappenziel ist heute schon bald erreicht. In Euthal gibt es einen kleinen Campingplatz direkt am See. Der Ort verfügt sogar über einen Laden, so dass wir uns mit frischen Erdbeeren und kühlem Einsiedlerbier eindecken können.

Vom Auf und Ab im Kanton Schwyz haben wir etwas genug. Wir flüchten uns in der 5. Etappe über den Etzelpass nach St. Gallen. Die ersten Kilometer am Morgen sind noch gnädig. Fronleichnam ist Feiertag in katholischen Kantonen und so ist die Strasse entlang dem Sihlsee nur wenig befahren. Nur einige Tagesausflügler:innen begegnen uns. Der Etzelberg hat es wieder in sich, aber der Ausblick auf den Zürisee und die rasante Abfahrt nach Pfäffikon SZ (Tachorekord 65.6) lassen den Aufstieg schnell wieder vergessen.

Nach dem Mittagsrast am Ufer des Zürisees geht alles ebewägs durch die Linthebene. Den Zeltplatz in Weesen finden wir ziemlich schnell, nur die Reception will einfach nicht auftauchen. Nach ein paar Schlenkern finden wir auch die und erhalten wiederum ein Plätzchen direkt am See.

Den heutigen Fahrtag schliessen wir ab mit einem kurzen Bad im kalten See und einem kleinen Apéro in er Camping Beiz. Die Nähe zum See hat allerdings auch seine Tücken. Man ist kurz weg um Wasser zu holen oder um in den Packtaschen was zu suchen und schon macht sich Familie Schwan über die Zutaten für unser Abendessen her. Nur mit Mühe gelingt es uns die fauchenden Vögel wieder zurück ins Wasser zu jagen.

An Fronleichnam machen einige Menschen aus katholischen Kantonen die Brücke analog zur Auffahrt. Es empfiehlt sich daher bei kleineren Campingplätzen abzuklären, wie die Auslastung ist. Allerdings haben wir mit unserem Zelt und mit den Velos noch immer einen Platz gefunden.

Etappe 6 führt uns am Walensee entlang über Sargans nach Landquart. Dort verladen wir die Velos in den Zug nach Scuol, wo wir uns einen Ruhetag gönnen. Wir entspannen uns im Thermalbad und essen feine Bündner Spezialitäten.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Berner Oberland - Unterengadin
30. Mai 2021 Zollikofen - Steffisburg 34.57 km 211 m
31. Mai 2021 Steffisburg - Meiringen 52.65 km 514 m
1. Juni 2021 Meiringen - Brunnen 65.37 km 998 m
2. Juni 2021 Brunnen - Euthal 40.38 km 814 m
3. Juni 2021 Euthal - Weesen 56.12 km 301 m
4. Juni 2021 Weesen - Landquart 48.05 km 535 m
Total 297.15 km 3373 m