Tongariro National Park

Der Morgennebel lichtet sich langsam und ein stahlblauer Himmel wird sichtbar über Mordor. Schon bald zeigt sich der Schicksalsberg am Horizont. Aber nein, wir haben keine Mission. Es wird kein Ring vernichtet und die Welt wird nicht zu einem besseren Ort gemacht. Für uns wird es dennoch ein unvergesslicher Tag.

Im Land der Great Walks lassen auch wir mal die Räder stehen um die Gegend zu Fuss zu erkunden. Zwar sind wir nicht gerüstet für die berühmten Mehrtageswanderungen, doch das Tongariro Alpine Crossing soll auch für Leute mit durchschnittlicher Kondition und Wandererfahrung in einem Tag zu schaffen sein. Dementsprechend gross ist auch der Aufmarsch. Per Shuttlebus gehts an den Ausgangspunkt wo es vor dem WC bereits eine beträchtliche Schlange hat. Wir gehen lieber gleich los. Kann das was uns da oben erwartet wirklich so spektakulär sein, dass es uns nichts ausmacht in einer Kolonne von dutzenden anderen Touristen den zur Wander-Autobahn ausgebauten Weg hoch zu steigen?

Zunächst führt der Pfad durch alpine Flora. Schon bald kommt ein gelber Bach in Sicht. Auch das Gestein hat alle möglichen Farben. Nach dem ersten Aufstieg tut sich eine Mondlandschaft vor uns auf. Auf der rechten Seite thront Mount Ngauruhoe. Eine perfekte Pyramide aus dunklem Geröll bedeckt von erstarrten Lavaströmen. Anstelle eines Gipfels klaft ein grosser Krater. Nicht nur auf uns übt dieser elegante, wenn auch ein bisschen bedrohliche Koloss eine eigenartige Faszination aus; Nicht ohne Grund tritt er als Schicksalsberg in der Verfilmung von Herr der Ringe in Erscheinung.

Von hier geht es weiter hoch zum Rand des Red Crater. Heftige Böen fegen über den Grat und vor uns klafft ein riesiges rotschwarzes Loch. Der rauhe Wind, die damit einhergende Kälte und die Exponiertheit lassen uns bald weitergehen. Über lockeres Geröll und schwarzen Sand gehts runter zu den Emerald Lakes, halb rutschend und halb gehend.

Überall dampft es aus der Erde. Mal riecht es nach Schwefel, mal nach faulen Eiern – oder kommt der üble Geruch von unseren Sandwiches? Wir lassen uns den Appetit nicht verderben und essen den wohlverdienten Lunch am Ufer auf der anderen Seite des Seeleins. Man muss nicht weit gehen um den grössten Massen auszuweichen. Beim Blue Lake finden wir schliesslich ein windstilles Plätzchen und ruhen noch etwas aus, bevor wir uns von den Kratern verabschieden und wieder ins Tal absteigen.

Am nächsten Morgen fällt uns das Aufstehen schwer. Auch nachdem wir 4’500 Kilometer auf dem Velo zurückgelegt haben, gehen die knapp 20 Kilometer Bergwanderung nicht spurlos an uns vorbei. Trotzdem wagen wir uns auf einen weiteren „Great Ride“ (so werden die Bike-Trails hier vermarktet).

Wir wissen, dass die „Old Coach Road“ nicht wirklich geeignet ist für vollbepackte Tourenräder. Es handelt sich hierbei um eine Verbindungsstrasse, die während einer kurzen Zeit vor der Fertigstellung der Eisenbahnlinie von Kutschen befahren wurde und dann in Vergessenheit geriet. Nun hat man sie wieder ausgegraben und zu einem Bike-Trail ausgebaut. Sogar einen alten Eisenbahnviadukt – dem Vernehmen nach der längste gebogene in der südlichen Hemisphäre – wurde so hergerichtet, dass man ihn wieder sicher überqueren kann.

Wir balancieren in kleinen Gängen um die Schlaglöcher und über die Reste des groben Pflasters. So schön wie es ist alleine durch den Regenwald zu fahren, so froh sind wir als wir endlich wieder Asphalt unter die Räder bekommen. Nach weiteren 20 Kilometern auf dem Highway erreichen wir National Park (ja der Ort heisst wirklich so). Auf dem Weg geniessen wir den Ausblick auf die drei ruhenden Vulkane Mount Ruapehu, Mount Ngauruhoe und Mount Tongariro nochmals im schönsten Sonnenschein.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Tongariro National Park
6. März 2017 Ohakune - National Park 36.64 km 592 m
Total 36.64 km 592 m