Tunnelblick

Nach dem erholsamen Ruhetag im Punakaiki Beach Backpackers gehts erst mal weiter wie bisher. Unter uns krachen die Wellen an die Klippen und über uns verschwinden die von Regenwald bedeckten Hängen in den tiefen Wolken. In einem ständigen auf und ab windet sich die Strasse der schroffen Küste entlang. Kurz vor der Abzweigung nach Westport verschwinden die Hügel und auch die letzten Wolken werden vom Wind über die Berge weggetragen.

Wir haben genug Proviant für die nächsten Tage, daher lassen wir die  Stadt links liegen und folgen dem Buller River direkt in die Schlucht. Dieser ist in Folge der intensiven Regenfälle zu einem mächtigen Strom angewachsen. Ganz zum Missfallen des kauzigen Managers vom Berlins Cafe, weil es so zu gefährlich ist um mit dem Jetboat übers Wasser zu flitzen. Zelt aufstellen geht zum Glück, er zeigt uns den besten Platz wo sich meistens nicht einmal Pfützen bilden.

Auch während dem folgenden Tag führt die Strasse durch die enge Schlucht flussauwärts. Die Steigungen werden strenger und auch der Verkehr nimmt zu. Zuerst überholen uns nur vereinzelte Holztrucks. Kurz vor Murchison treffen wir auf den State Highway 65, die Route über den Lewis Pass nach Christchurch. Ab hier brausen uns die Trucks nur noch so um die Ohren. Erst später begreifen wir, dass der gesamte Nord-Südverkehr durch dieses Nadelör durch muss. Dies weil die normale Küstenroute wegen dem Erdbeben vom November nach wie vor geschlossen ist.

Wir schlafen in Murchison und hoffen, dass es am frühen Morgen weniger Verkehr hat. Auch wir müssen schliesslich diesen Engpass bewältigen. Einige Fahrer interessiert es überhaupt nicht ob sich jemand am Strassenrand aufhält – klassischer Tunnelblick. Es sind nicht so sehr die LKWs, die uns manchmal fast von der Strasse drängen, sondern eher die Tourbusse, die mit unverminderter Geschwindigkeit und ohne Abstand an uns vorbeibrettern. Wir sind glücklich als wir endlich die Abzweigung bei Kawatiri erreichen. Tatsächlich biegen dort die meisten Fahrzeuge auf den SH 63 ein, der nach Blenheim und Picton führt. Wir fahren weiter auf dem Highway 6 in Richtung Nelson.

Am Abend auf dem Camping treffen wir auf Bernhard und Christa. Sie sind un die Gegenrichtung unterwegs und wir tauschen bis gefühlt spät in die Nacht Reisegeschichten aus. Schon am Morgen hat uns ein Biker von einem Radweg durch einen alten Eisenbahntunnel erzählt. Die beiden haben die Abzweigung gesehen, liessen dich aber von der Naturstrasse abgeschrecken. Das ist nicht weiter verwunderlich, tatsächlich sind die Radwege in Neuseeland eher für Mountainbikes ohne Gepäck konzipiert. Beispielhaft für die Kiwi-Radkultur ist auch, dass ein Radweg immer bei einem Parkplatz beginnt (irgendwie muss man ja zum Radweg kommen) und dass man meist Tore passieren muss, bei deren Konzipierung niemand mit Packtaschen und voll beladenem Gepäckträger gerechnet hat.  Nachdem wir aber gute Erfahrungen auf dem West Coast Wilderness Trail gemacht hatten, liessen wir uns auf dieses Wagnis ein. Wo kann man sonst mit dem Velo durch einen Tunnel fahren und sich so sogar noch ein paar Höhenmeter sparen?

Auch mit Velolicht und Stirnlampe sieht man nicht viel in dem unbeleuchteten Loch. Die Reflektoren entlang der Seitenwände erleichtern es die Spur zu halten. Der Spooners Tunnel wurde erst kürzlich wieder eröffnet, der Strassenbelag ist für hiesige Verhältnisse fast rollstuhlgängig. Zum Glück, denn Steine oder Löcher würde man auch kaum sehen.

Bis nach Belgrove folgt der Great Taste Trail dem alten Bahntrasse mit kleinem stetigen Gefälle. Nur einmal liegt ein Baum quer über der Strasse. Glücklicherweise so, dass man bequem unten durch kommt. Nach dem obligaten Kaffee und Kuchen Stopp bei der Wakefield Bakery folgen wir nicht mehr allen Schlenkern des Velowegs. Der Plan ist die Stadt Nelson zu erreichen bevor der Regen einsetzt. Leider klappt das nicht ganz. Es beginnt mit leichtem Niesel. Kein Grund gleich die Regenklamotten hervor zu kramen. Wird dann aber stetig stärker… Dank Elianes Weitsicht erreichen wir die Jugi auf direktem Weg. Zum Glück, denn Lorenz‘ Tunnelblick hätte uns wohl direkt ins Stadtzentrum geführt.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Punakaiki - Nelson
14. Februar 2017 Punakaiki - Berlins 75.95 km 996 m
15. Februar 2017 Berlins - Murchison 63.44 km 745 m
16. Februar 2017 Murchison - Motupiko 71.75 km 617 m
17. Februar 2017 Matupiko - Nelson 57.60 km 211 m
Total 268.74 km 2569 m